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Spruch zum Wochenende:

„Alter ist kein Argument, Jugend kein Freibrief für Intoleranz.“ (Carl Friedrich von Weizsäcker)

Ich wage zu behaupten, dass ich das in unserer Familie genau so widerlegen könnte – diese altersbedingte Intoleranz und Überzeugung, dass das eigene Handeln richtig ist, auch wenn andere das bezweifeln, aber gerade mehr als deutlich beobachte. Im Kleinen natürlich.

Meine Mutter hat entgegen alle Empfehlungen unsererseits gestern ihre gleichaltrigen Schulfreundinnen zu sich nach Hause eingeladen. So eine Einladung bedeutet für Sie im Vorfeld viel Stress, sie wälzt Kochbücher, schmeißt Pläne über den Haufen, schläft schlecht und ist unruhig. Sie hat sich viel Arbeit gemacht und Mühe gegeben – und wurde überrannt von arrogantem, undankbarem Verhalten. „Im Café wäre es halt für alle einfacher und netter gewesen …“ Ja, hatte ich vorher exakt im Wortlaut so empfohlen. Und ihr das tatsächlich so prognostiziert …

Meine Nichte, theoretisch bezaubernd genannt, hat sich am letzten Wochenende ein erbittertes Wortgefecht mit mir geliefert. Für ein Ingetränk hat sie eingekauft, Erdbeeren, Himbeeren und Melone. „Frisch“. Mein Argument, dass das weder saisonal noch regional sei (sie kritisiert durchaus bei anderen, wenn Einkäufe aus den Standards fallen) wurde sehr erbittert widersprochen. Bringe schließlich auch nix, wenn sie es nicht kaufen würde, es sei schließlich da und man könne das Zeug ja auch nicht im Flieger zurückschicken. Und die armen Erzeugerfamilien hätten dann ja auch Einbußen, wenn es da plötzlich keinen Abverkauf mehr geben würde. Und überhaupt wäre das halt lecker. War’s dann – wie zu erwarten war – nicht sooooo sehr … Deshalb wurde meine Frage dazu dann aber auch mal so was von zurückgeblafft beantwortet.

Ich bin schon froh, aus dem einen Alter raus und im anderen noch nicht angekommen zu sein 😉 und tatsächlich notiere ich mir das auch als Notizzettel an mich selbst. Für später.

Spruch zum Wochenende: Löwenstark

„Wenn ich so über mein Leben nachdenke, glaube ich nicht, daß ich ein hohes Alter erreichen werde. Aber ich würde lieber einen Tag wie ein Löwe singen, als hundert Jahre wie ein Schaf.“ (Cecilia Bartoli)

Ich freu mich so darauf, heute Abend dem Löwen in ihr zu lauschen. Hach.

Das mit dem Lebensgefühl

Ich höre öfter, dass ich jünger wirke. Kann sein, und hört man als Frau ja gern … die letzten Tage war ich mit vielen viel jüngeren Menschen unterwegs. Einige waren gerade halb so alt wie ich. Und wisst ihr was, das war kein Problem. Ich hab mich wohlgefühlt in dieser Gesellschaft, an einige Dinge musste ich mich nicht anpassen, das machen die heutigen „Jungen“ einfach, wie sie mögen, da bin ich raus und mach mein Ding. Ein paar Mal hab ich durch irritierte Blicke oder Reaktionen gemerkt, dass ich die Youngsters in Situationen überrascht habe. Alles in allem: es hat gut getan und mir gezeigt, dass Alter relativ ist, auf keinen Fall hat es etwas mit Jahreszahlen zu tun.

Sehr witzig war ein Deja-vu: schon bei meinem ersten Frankreich-Besuch fand ich die damals gleichaltrigen Mädels tres cool. Alle rauchen, trinken Wein, sind sehr gechilled und haben einen eigenen Style. Das ist mir auch jetzt wieder aufgefallen. Wobei es heute eine eindeutige Kleiderordnung gibt: alle tragen ultrakurze Jeansshorts, dazu Stiefeletten. Und ich hab an einem Strand 5 Mädels mit demselben Hemdkleid gesehen … hab’s mir dann doch nicht auch noch gekauft.

Musikalische Jam-Sessions sind schwer en vogue, dabei kommen ein paar Musiker zusammen, die beginnen. Dann gesellen sich abwechselnd Sänger dazu, coole Typen, allein, zu zweit oder auch mal als Trio. Und wer den Text nicht auswendig kann hat eine Karaoke-App auf dem Smartphone … was hat das Spaß gemacht.

Eben hab ich mich mit einer Mitfünfzigerin unterhalten, der das Altern „viel zu schnell geht“. Dazu kann ich gerade nach den letzten Tagen nur sagen: alles eine Frage der eigenen Perspektive. Man fühlt sich so alt, wie man sich fühlen mag – und das muss keinesfalls peinlich sein …

Musik am Mittwoch: Mensch unter Menschen

Eben hat mich – bin in meiner viel zu späten Mittagspause „mal schnell“ in den Supermarkt gelaufen, um meinen bohrenden Hunger zu stillen – eine Beobachtung sehr berührt: vor mir hat ein sehr alter Herr mit seinem mobilen Transportmittel sehr lange gebraucht, um seine paar Einkäufe aufs Band zu legen. Dann hat er lang gebraucht, um seine Geldbörse hervorzukramen. Die Kassiererin hatte nicht nur ein liebevolles Lächeln und Geduld, sie hat ihm sehr fürsorglich alles ordentlich ins Körbchen gelegt, eine Jacke darüber, dass nichts herausfallen kann.

Und hinter mir waren Jugendliche und Erwachsene, die wie ich aus unserem viel zu schnellen Tempo ausgebremst wurden. Dennoch hat keiner gemault, nach einer zweiten Kasse verlangt oder was sonst so oft mal in vergleichbaren Situationen passiert. Nein, jeder von uns hat innegehalten – hat den alten Herrn beobachtet. Und jeder hätte eine helfende Hand für ihn gehabt – und wir alle haben ihm stumm Respekt für seine Selbständigkeit im Alter gezollt …

Für mich war es ein Auszeit-Moment, den ich sehr bewusst erlebt habe – und obwohl ich das Lied erst einmal gehört habe, ist seitdem Musik in meinem Kopf: er ist ein Mensch unter Menschen.