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Hinterlassen

Wer rechnet damit, dass er die Welt zu früh verlassen muss – keiner von uns tut das. Wir leben, als ob es immer ein Morgen gibt. Und dennoch gibt es diese Momente, in denen die Welt still steht, weil einer geht. Zu früh. Mitten aus dem Leben gerissen.

Und wenn es dann noch dazu einer ist, der meine langjährige Freundin die Hälfte ihres Lebens sehr glücklich gemacht hat, dann bin ich zweigeteilt: froh, dass er wohl schnell und schmerzfrei seinen Frieden gefunden hat, traurig, weil ich so gut weiß, was für ein langer steiniger Weg jetzt vor ihr liegt. Bis sie wieder in liebevoller Erinnerung an ihn lächeln können wird.

Seine beiden Jungs hatten ihn gerade mal die ersten 20 Jahre ihres Lebens. Auch wenn sie so viel von ihm haben, Aussehen, Blick, Aufmerksamkeit, Humor, Interessen … sie hätten ihn zu gerne noch ganz lang gehabt, um Fragen zu stellen, von ihm zu lernen. Einfach als Papa in so vielen Lebenssituationen …

Und ein bisschen kommt in unseren Gesprächen immer wieder dieser Begriff auf, was er hinterlassen hat. Dabei gehts nie um Geld oder irdische Güter. Sondern um Lebenseinstellung, um das Wissen um die eigenen Wurzeln, um das Bewusstsein für Werte, ums Miteinander, um Positives und Schönes.

„Das Schönste, was ein Mensch hinterlassen kann, ist ein Lächeln im Gesicht derjenigen, die an ihn denken.“ Ich wünsch allen so sehr, dass wir uns bald mit einem Lächeln an ihn erinnern können …

Sonntagsfreude: Begegnung

Manchmal gibt’s diese seltenen Momente, eine Begegnung, nach der ich feststellen darf, dass nicht nur in meiner Familie die Erinnerung an meine verstorbene Schwester weiterleben darf.

So war ich gestern Chauffeur meiner Mutter zum Pflanzenhändler des Vertrauens, um neue Salatpflanzen für die Gemüsezufuhr der Familie abzuholen. Dort trafen wir die Mutter der besten Freundin meiner Schwester. Und schon waren wir drei mitten im Austausch von Erinnerungen. An die zwei, die damals wie zwei Arschbacken zusammengehörten. So unterschiedlich, so viele gemeinsame Interessen.

Als meine Schwester im Herbst 1998 beschlossen hatte, als Au-pair nach England zu gehen, hatten sich die zwei etwas zerstritten. Durch einen regen Briefwechsel (ja, vor 20 Jahren waren es noch echte, handgeschriebene Briefe per Post, obwohl ich ihr kurz vor der Abreise ein Hotmail-Postfach eingerichtet hatte, aber nicht jeder Adressat hatte Mail …) waren sie aber schnell wieder auf altem Freundschaftsstatus.

Sicherlich hat damals allen geholfen, dass sie sich im März schon mal auf Zeit verabschiedet hatten. Die Distanz hat es etwas weniger greifbar gemacht … interessant, dass sie durch die Freundschaft über viele Jahre zum Familienleben der besten Freundin gehörte. Und auch in ihrer Familie gibt es immer wieder den Austausch über die alten Geschichten. Schön, das zu hören.

Auf das doppelte mütterliche Gejammer, dass die Jungen heute alle nicht heiraten und so, hätte ich allerdings zugegebenermaßen auch gut verzichten können 🤦🏻‍♀️

„Am Sonntag einen Blick auf die vergangene Woche richten: Bild(er), Worte, Gedanken… die ein Lächeln ins Gesicht zaubern, einfach gut tun oder ohne große Erklärung schlicht und einfach eine Sonntagsfreude sind.“ Leider hat Rita das schöne Projekt Sonntagsfreude eingestellt, ich teile meine persönliche weiter mit euch, denn mir geht es um den ursprünglich von Maria ins Leben gerufenen Gedanken – sich liebevoll an die vergangene Woche erinnern, nicht immer gleich zur Tagesordnung übergehen, sondern die kleinen Glücksmomente einfangen, um sich auch später daran zu erinnern.

Spruch zum Wochenende: Heimkehr

„Sobald wir alle unsere Arbeiten auf dieser Erde erledigt haben, ist es uns erlaubt unseren Leib abzuwerfen, welcher unsere Seele, wie ein Kokon den Schmetterling, gefangen hält. Wenn die Zeit reif ist, können wir unseren Körper gehen lassen, und wir werden frei sein von Schmerzen, frei von Ängsten und Sorgen, frei wie ein wunderschöner Schmetterling, der heimkehrt zu Gott.“ (Elisabeth Kübler-Ross)

Gestern hat der Opa der beiden Münchner Patenkinder losgelassen – ist für immer eingeschlafen. Jetzt ist er frei von seinen Sorgen, den immer stärker werdenden Schmerzen. Frei vom Krebs, dem er noch so unerwartet viel Zeit abgetrotzt hat. Beim letzten Besuch hat er Mademoiselle seinen Glücksbringer, den er lebenslang als Kettenanhänger getragen hat, geschenkt. Auf dass er sie auf all ihren Wegen begleiten möge …

Anfang [*.txt]

Als meine Schwester starb haben wir in ihrem Jahresplaner Hermann Hesses Stufen gefunden – es wurde zum Gedicht auf ihrem Sterbebild.

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“

Nicht nur das Leben, auch Sterben bedeutet Anfang. Ein Mensch ist nicht mehr da, ein Platz bleibt leer. In jedem Ende steckt ein Neuanfang. Ohne den Menschen, der gegangen ist.

„Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“

Was fehlt, darf betrauert werden. Was (als Erinnerung) bleibt, darf und soll bleiben.

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Schreiben – lesen – konTXTualisieren: das 1. Wort im kreativen Schreibprojekt Projekt.txt für 2018 lautet: Anfang.