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Ein halbes Jahr alt

Was mich gerade unwahrscheinlich verwundert ist, wie wenig Nichte 3.0 nach mehr als 2 Monaten des Nichtsehens fremdelt … kann es sein, dass knapp Halbjährige, wenn sie große Geschwister haben, beobachten, wie die auf ihre Umwelt reagieren und das einfach nachmachen? Tatsächlich durfte die Oma ihr jüngstes Enkelkind ja bis zum Aufwachen beaufsichtigen – und wenn ich da an die zwei großen Schwestern denke, die hätten schon zumindest irritiert oder sogar weinerlich reagiert, wenn da nicht sofort die Mama gewesen wäre. Bei ihr wirkte das ganz gelassen, als ob sie die Oma auch als eines der vertrauten Gesichter einordnen könnte. Das sie aber in den 6 Monaten Lebenszeit durch die äußeren Umstände gar nicht mal so oft gesehen hat …

Tatsächlich ist 3.0 eine noch sehr Ruhige. Sie lächelt viel, beobachtet alles aufmerksam und mit großem Interesse. Gut, sie beginnt, viel zu plappern. Aber das muss man in ihrer nächsten Umgebung ja auch quasi, um wahrgenommen zu werden. Was mir auch auffällt: Sie ist weniger schreckhaft – wenn sie jetzt noch keine Angst vor Spinnen hätte, … 😉

Dekaden

Es gibt diese Erinnerungen, Momente, die sich uns förmlich einbrennen, die wir nicht vergessen. Zwei Dekaden ist es jetzt her, 20 Jahre. Am Vormittag hat mein Telefon in der Arbeit geklingelt. Und ich hab das Gespräch noch sehr genau im Ohr, die Stimme, die Angst, das Bemühen, uns in englischer Sprache zu erklären, dass meine Schwester mit einer lebensbedrohlichen Krankheit ins Krankenhaus eingeliefert worden sei. Man habe sie in ein künstliches Koma versetzen müssen, unter dem Namen der Krankheit konnte ich mir nichts vorstellen. Trotzdem war klar: die Nachricht war nicht gut.

Die nächsten Stunden ist die Familie zusammengekommen, nach einigen Überlegungen wurden 3 Flugtickets gekauft, günstige. Aus dem nachträglichen Blickwinkel erscheint vieles sonderbar, wir mussten Bargeld organisieren, auch ich hatte damals noch keine Kreditkarte. Ein paar Dinge eingepackt machten meine Mutter und wir zwei Schwestern uns auf den Weg, in London haben wir einen Teil des Weges mit der Tube zurückgelegt. Gegen Mitternacht kamen wir endlich im Krankenhaus an, meine Schwester war stabil im Koma. Eine junge deutsche Ärztin milderte die grobe Ansage der leitenden Oberärztin etwas ab. Hoffnung, wenn sie die nächsten 72 Stunden übersteht …

Die kommenden Tage kann ich einzelne Sequenzen fast minutiös ablaufen lassen. Die Entscheidung, sie in die Uniklinik verlegen zu lassen, der zunächst gute Verlauf. Der letzte Tag, die letzten Stunden, die Komplikationen, das Organversagen … der Abschied, die Trauer. Auch die Abreise meiner Mutter und Schwester, ich bin länger allein bei der Aupair-Familie geblieben, um die Überführung zu organisieren. Skurril, die Stunden des Wartens, ehe ich nach dem Wochenende die notwendigen Behördengänge erledigen konnte. Auch meine Informationskette, ich habe einen Mitbewohner informiert, der alle anderen benachrichtigen sollte …

Die Tage bis zur Beerdigung und den Beerdigungstag habe ich so präsent vor mir, obwohl gefühlt alles wie in Weichzeichnung und Schockstarre war. Die Trauer kam erst später, und das Realisieren des Verlustes.

Einige Tage vorher war meine Schwester in London unterwegs und hat sich über die sogenannte Tröpfcheninfektion mit einem Erreger infiziert. Für die Übertragung braucht es weder Körperkontakt noch sonstige bewusst zu steuernde also vermeidbare Prozesse. Die weltweit vorkommenden Bakterien aus der Art Neisseria meningitidis sind nicht zu erkennen, der Überträger weiß nicht, dass er sie in sich trägt. Die Krankheit verläuft als bakterielle Hirnhautentzündung Meningitis, bis hin zu einer begleitenden Blutvergiftung, Meningokokken Sepsis.

Nicht jeder Empfänger erkrankt, besonders gefährdet sind laut Statistik Kinder und junge Menschen. Da gerade vor wenigen Wochen Medienberichten auf zwei junge Frauen und eine 56jährige Erkrankte im Landkreis Ebersberg aufmerksam gemacht haben, möchte ich hier den Hinweis auf die heute mögliche Impfung teilen. In den letzten 20 Jahren hat die Wissenschaft große Fortschritte gemacht. Heilbar ist eine ausgebrochene Meningitis nämlich nur, wenn sie rechtzeitig behandelt werden kann … und selbst dann bleiben unter Umständen die schweren Schäden der Organe zurück.

Meine kleine Schwester konnte nicht geheilt werden – ich habe aber vor einigen Jahren eine Frau kennengelernt, die überlebt hat. Sie ist nicht gezeichnet und hat kaum gesundheitliche Einschränkungen, weil ihre Schwester die Symptome erkannt hat und als Ärztin schnell reagieren konnte. Überlebensnotwendig – hier und hier gibt es weitere Informationen.

Sonntagsfreude: Begegnung

Manchmal gibt’s diese seltenen Momente, eine Begegnung, nach der ich feststellen darf, dass nicht nur in meiner Familie die Erinnerung an meine verstorbene Schwester weiterleben darf.

So war ich gestern Chauffeur meiner Mutter zum Pflanzenhändler des Vertrauens, um neue Salatpflanzen für die Gemüsezufuhr der Familie abzuholen. Dort trafen wir die Mutter der besten Freundin meiner Schwester. Und schon waren wir drei mitten im Austausch von Erinnerungen. An die zwei, die damals wie zwei Arschbacken zusammengehörten. So unterschiedlich, so viele gemeinsame Interessen.

Als meine Schwester im Herbst 1998 beschlossen hatte, als Au-pair nach England zu gehen, hatten sich die zwei etwas zerstritten. Durch einen regen Briefwechsel (ja, vor 20 Jahren waren es noch echte, handgeschriebene Briefe per Post, obwohl ich ihr kurz vor der Abreise ein Hotmail-Postfach eingerichtet hatte, aber nicht jeder Adressat hatte Mail …) waren sie aber schnell wieder auf altem Freundschaftsstatus.

Sicherlich hat damals allen geholfen, dass sie sich im März schon mal auf Zeit verabschiedet hatten. Die Distanz hat es etwas weniger greifbar gemacht … interessant, dass sie durch die Freundschaft über viele Jahre zum Familienleben der besten Freundin gehörte. Und auch in ihrer Familie gibt es immer wieder den Austausch über die alten Geschichten. Schön, das zu hören.

Auf das doppelte mütterliche Gejammer, dass die Jungen heute alle nicht heiraten und so, hätte ich allerdings zugegebenermaßen auch gut verzichten können 🤦🏻‍♀️

„Am Sonntag einen Blick auf die vergangene Woche richten: Bild(er), Worte, Gedanken… die ein Lächeln ins Gesicht zaubern, einfach gut tun oder ohne große Erklärung schlicht und einfach eine Sonntagsfreude sind.“ Leider hat Rita das schöne Projekt Sonntagsfreude eingestellt, ich teile meine persönliche weiter mit euch, denn mir geht es um den ursprünglich von Maria ins Leben gerufenen Gedanken – sich liebevoll an die vergangene Woche erinnern, nicht immer gleich zur Tagesordnung übergehen, sondern die kleinen Glücksmomente einfangen, um sich auch später daran zu erinnern.

Langeweile? Ha!

Nicht, dass irgendjemand denken würde, ich würde jemals schaffen, mich in meiner Auszeit mal einfach nur von Herzen zu langweilen …

Dafür sorgt einerseits meine Familie, schließlich wollen arbeitslose Schwestern-Tanten-Schwägerinnen doch sinnvoll beschäftigt werden? Also hab ich mittlerweile gerne und mit großer Begeisterung meinen zweiten großen Baustelleneinsatz hinter mir, der Muskelkater hält schön vor 🙂 Und ganz ehrlich: wenns mir keinen Spaß machen würde, würd ich es nicht anbieten …

Statt Erholung hab ich mich heute aber einem leidigen Thema gewidmet. Denn nach Monaten hab ich immer noch kein Arbeitszeugnis. Ist wohl von einem ehemaligen Mitarbeiter, der ohnehin schon Überstunden für mehrere Monate angesammelt hat, nicht zu viel verlangt, sich sein Zeugnis selbst zu schreiben. Nachdem er bzw. sie ja sonst nix zu tun hat. Oder vielleicht doch eher, weil man als Chef gar nicht so ganz arg genau weiß, was der alles so gemacht, geleistet, geschafft hat? Sorry, aber manchmal muss so ein bisschen lästern schon sein – und einmal mehr freu ich mich auf den Tag, wenn das wirklich abgeschlossen hinter mir liegt. Ganz ehrlich. Und Punkt.