Gehaltsrealität


“Mit 14 sind alle Jungen jämmerliche, von den Mädchen unterdrückte Wichte, das gehört so. Aber als Männer verdienen die Wichte unserer Jugend heute durchschnittlich 23 Prozent mehr als wir – bei gleicher Qualifikation.“ (schreibt die von mir sehr geschätzte ehemalige Brigitte-Kolumnistin, jetzt Brigitte-Woman-Kolumnistin Julia Karnick) Vorher schon mal las ich bei Bild dir deine Meinung die blickfangende Überschrift: „Männer-Gehalt steigt, Frauen-Gehalt sinkt“ – kürzlich urteilte die Zeit, Akademiker würden zu gering bezahlt.

Ja, da ärgert sich die studierte Frau drüber – trotzdem möchte ich die vielen angeschnittenen Themen mal kurz durchdenken: Warum muss eigentlich alles pauschaliert und reduziert werden? Liebe Medienvertreter: gibt es denn ein einheitliches Gehalt? Wie ist denn die Gehaltsrealität, verdienen wirklich alle Männer mehr als gleich qualifizierte Frauen? Was machen die Frauen, die mehr als gleichqualifizierte Männer verdienen, anders, als andere Frauen? Welche Ausbildung braucht man für welchen Aufgabenbereich? Was ist ein Akademikergehalt? Was ist das genormte Einstiegsgehalt für einen Akademiker? … Ich könnte diese Frageliste ins Unendliche weiterführen. Denn: jedes Gehalt ist unterschiedlich. So, wie jeder Mensch, seine Ausbildung und Berufserfahrung unterschiedlich sind. Ich habe gehört, dass Berufsteinsteiger nach dem Studium in der IT-Branche ein Jahresgehalt von 75.000 Euro fordern. Und es bezahlt bekommen. Das verdienen in anderen Branchen Führungskräfte mit Team- und Budgetverantwortung. Wer jetzt fragt, ob ich das fair finde? Nein, ganz sicher nicht. Aber Artikel wie diese helfen nicht, ein System zu ändern, in dem der eine sein Gehalt besser verhandelt, als der andere.  Und sich nach solchen Artikeln lediglich ärgert und denkt „Ich müsste mehr verdienen.“ … Welchen Zweck verfolgen solche Artikel? Dass jede Frau und jeder Akademiker zum Chef geht und mehr Gehalt fordert …?

Meine Sicht der Arbeitswelt: Gehalt ist ein Gender-Thema, vor allem aber ein Gesellschaftsthema. Auch wenn wir von einer Leistungsgesellschaft sprechen, ist unser Gehaltssystem keines, das sich an Leistung orientiert. Insofern: statt zu stänkern, statt eine Frauenquote zu fordern, statt aufzuhetzen ist mein Ideal, Unternehmen zu fördern, die echte und ehrliche Leistung fördern. Die durch alle Hierarchien Transparenz aufbauen, Anerkennung zollen, helfen, unterstützen, weiterentwickeln. Ohne Männlein oder Weiblein zu unterscheiden. Ich kann Berufseinsteigern nur raten, sich ihr Unternehmen im Hinblick auf diese Struktur anzuschauen, sich zu erkundigen, in Gesprächen nachzufragen. Und sich für ein Unternehmen zu entscheiden, in dem sie leisten dürfen, wofür sie bezahlt werden! Und umgekehrt.

12 Kommentare zu „Gehaltsrealität“

  1. Gut gebrüllt Löwe ***

    und da bin ich ganz deiner Meinung liebe Doris.

    Muss mich ja als nun Rentnerin nicht mehr damit befassen,
    aber rede viel mit meinen jungen Leuten darüber.

    Liebe Grüsse in den Abend

    Uschi

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    1. Danke, bin mir schon bewusst, dass das polarisiert, aber mich nerven diese Artikel, die doch irgendwie kein klares Ziel verfolgen? Und wenig zur Aufklärung beitragen, denn wieviel verdient denn „die Frau“ und „der Akademiker“ jetzt wirklich weniger …? Dir auch liebe Grüße, genieß den Abend meine Liebe

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      1. Da hast du völlig recht, denn viele Gehälter stehen heute eh in keiner Relation und solche Artikel sind da auch nicht hilfreich.

        Danke dir und hab‘ ebenso einen entspannten Abend….ich packe jetzt mal mein kleines Köfferchen 😉

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  2. … und da gibt es noch unsere Abgeordneten, die ihre Diäten regelmäßig steigen lassen. Kürzlich als ich, dass die Diäten in den letzten Jahren um 71%, die Löhne dagegen nur um 2%. Da läuft irgendwas falsch. Lohn/Gehalt sollte nicht nach Geschlechtern unterschiedlich festgesetzt werden sondern objektive Maßstäbe sollten angesetzt werden. Von einer Frauenquote halte ich nichts. Nimmt man, um die Quote zu erzielen, vielleicht auch minderqualifizierte Frauen auf so einen Posten?
    Über dieses Thema könnte man stundenlang reden.
    Liebe Grüße und einen schönen Abend
    Harald

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  3. Bei der Arbeitgeberwahl sollte auch nicht nur das Gehalt eine Rolle spielen, sondern auch viele Softfaktoren. Einige Male habe ich schon einen guten Job mit mehr Gehalt angeboten bekommen und mich dagegen entschieden, weil ich z.B. hätte umziehen müssen. Ich habe meine Freiheiten, supertolle Kollegen, die Freiheit zu leben, wo ich möchte, ich bin motiviert. Und dabei bin ich mit meinem Gehalt auch noch zufrieden und es bleibt am Monatsende was übrig, zum zurücklegen.
    Natürlich bin ich gegen Ausbeute, aber die passiert garantiert nicht in Akademikerschcihten. Mein Bruder arbeitet über eine Zeitarbeitsfirma für einen großen Konzern und bekommt da nur ein Bruchteil vom normalen Festangestelltengehalt. Bei gleicher Arbeit. Das nenne ich „moderne Sklaverei“. Aber es ist alles legal. Ich finde Gehalt sollte immer leistungsbezogen bezahlt werden. Gern auch auf einer Erfolgsbasis, das wäre gerechter.
    Wenn ich einen Job beginne, in ich mit dem Gehalt einverstanden. Sicher kann man nach einiger Zeit mal fragen, ob mehr drin ist, aber schöner wäre es, wenn Chefs soetwas selber erkennen würden….
    Das ist ein weites Feld, Luise.

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    1. Liebe Luise, da hast du meine Gedanken schön weitergeführt, die Softfaktoren sind manchmal sogar viel wichtiger als der Verdienst. Ob Gehalt jemals gerecht bezahlt wird wage ich zu bezweifeln, dazu ist der Mensch einfach zu ambitioniert? Ein weites Feld, viel zu viele Gedanken, viel zu viele Interessen. Ganz liebe Grüße von Doris

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  4. Lieber ein paar Euro weniger im Monat verdienen, und dafür aber einen Arbeitsplatz haben, an dem man sich wohlfühlt, an dem man sich einbringen, auch seine eigene Kreativität „austoben“ kann, an dem man akzeptiert wird, an dem man hinter einem steht, an dem es menschlich und auch tolerant zugeht, an dem man auch über ein gewisses Maß an Freiheit verfügen kann. Was nützen einem hunderttausende von Euronen Jahresgehalt, wenn man morgens mit einem flauen Gefühl zum Arbeiten geht, und abends erschlagen, unzufrieden und bedrückt wieder nach Hause geht… Und das gilt für Männlein wie Weiblein. 😉
    Das Thema der ungleichen Gehälter wird stets sehr gerne immer wieder auf’s Tapet gebracht – allerdings nicht aus Solidarität, sondern meiner Meinung nach sehr oft lediglich, um Verkaufszahlen und Quoten zu steigern…
    Liebe Grüße!

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  5. Die Frage danach, wie diese Gender-Gehaltsstatistiken errechnet werden, stelle ich mir auch immer wieder mal. In meinem alten Team waren wir vier Frauen und ein Mann, der nicht mehr verdiente als wir (gleiche Position). Leider sind die Gehälter in der Kommunikation jetzt ohnehin nicht sooooo riesenhoch – und ich glaube das ist ja genau das Problem … dass Frauen einfach in Branchen arbeiten, die per se schlechter bezahlt sind als die „typischen“ Männerberufe … siehe das Beispiel mit der IT. Wie kommt man da raus? Den Beruf nach den Gehaltsmöglichkeiten aussuchen? Hätte ich nicht machen wollen, einen Job, der mir vielleicht gar nicht liegt und den ich nur mache, weil er genug Kohle bringt. Da beißt sich ja die Katze in den Schwanz.

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    1. Wie recht du hast, seufz. Aber wie schon geschrieben: das beste ist, sich vor einem neuen Job Gedanken über das Gehalt zu machen Nur diesen Aspekt thematisieren die Artikel eben nicht: eine Bewerbung ist gleichzeitig immer eine Gehaltsverhandlung. Von zwei Seiten. Das ist der Zeitpunkt, sich und seine Leistung gut zu verkaufen.

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