Die Ferien meiner Kindheit


In meiner Kindheit waren Sommerferien schulfreie Zeiten auf dem heimischen Bauernhof. Denn meine Eltern konnten sich einen Familienurlaub weder leisten, noch hätten sie in der Erntezeit vom Hof weggekonnt. Deshalb durfte ich irgendwann in den 80ern mit den Nachbarsmädels für eine Woche ins Zeltlager in den Bayerischen Wald. Falkenstein, ein Marktflecken in der Oberpfalz, auf einem der Hügel thront die Burg, gegenüber der Sportplatz mit Waschanlage, dort wurden in den Ferienmonaten für knappe 6 Wochen die Zelte aufgeschlagen. Betreut von meist studentischen Lagerleitern, strikt getrennt nach Mädchen und Jungen, schließlich wurde das ganze vom BDKJ (also kirchlich katholisch) organisiert. Im ersten Jahr fand ich nicht alles so toll, da gehörte ich auch zu den kleinsten und jüngsten, was nie gut ist. Da waren die nächtlichen Wanderungen mit Sagen und gruseligen Geschichten aus der Region alles andere als mein Ding. Insgesamt war ich aber viele Male da, habe Freundinnen begeistert, mitzufahren. Und ich habe schönsten Erinnerungen an die Zeit.

Mitgenommen hab ich bis heute meine Liebe zu der Region, zu Europas letztem Urwald. Was sind wir durch die Wälder gestreift, auf den Spuren des Borkenkäfers und im Hinblick auf dringendst notwendigen Naturschutz. Was habe ich dort über Müll und die atomare Bedrohung gelernt. Vieles hat mir zunächst vor allem Angst gemacht, mich aufgewühlt und schließlich aktiv werden lassen. In Falkenstein habe ich meine ersten Radio-Interviews gemacht (die armen Passanten auf der Straße, ich war unerbittlich im Fragen, was sie tun, um Müll zu vermeiden, wie sie zur atomaren Bedrohung stehen, ob sie demonstrieren gehen, wenn nein, warum nicht …). Klar, da waren auch kleine Verliebtheiten dabei, in einen der so viel älteren Lagerleiter (leider hab ich keinen Namen mehr im Kopf), vor allem aber in so einen süßen Fußballer aus dem Ort, kann mich nicht mal mehr optisch an ihn erinnern, nur, dass er ein rotes Rennrad fuhr. Was über Jahre geblieben ist waren tatsächlich die Brieffreundschaft mit einigen der Lagerleiter, einer hat uns (er kannte auch meine Schwestern, die ebenfalls ihre Ferienzeiten dort verbrachten) sogar mal zu Hause besucht, da dürfte ich so Anfang 20 gewesen sein?

Geblieben ist mir aus Zeltlagerzeiten auch eine Immer-mal-wieder-Vorliebe für Nuss-Nougat-Creme (aus Kostengründen gabs dort kein Nutella, sondern eine günstige Variante, die mochte ich damals sogar lieber, wird heute aber nicht mehr produziert). Und ich bin bis heute recht unkompliziert, was Schlafen angeht. Wer schon mal eine Woche auf einer Luftmatratze verbracht hat, die im Lauf der Nacht „platt wird“, der ist abgehärtet und kann auch auf Plankenboden hervorragend schlafen. Ebenso habe ich aus dieser Zeit mitgenommen, dass ich mich noch verschlafen unter eine eiskalte Dusche stellen kann – bis zur warmen Dusche war es viel zu weit, und weil unser Zelt in all den Jahren direkt neben dem kalten Wasser lag …


Und es waren die nächtlichen Abende am Lagerfeuer, das gemeinsame Singen – oft haben wir eine Woche lang gefühlt nur Musik gemacht. Manchmal war einer mit Gitarre dabei, oft genug haben wir einfach nur ohne jegliche Begleitung gesungen, gesungen, gesungen. Das hab ich auch davor schon, aber in den Zeltlagerwochen hab ich eine große Sicherheit entwickelt, gelernt, meine Stimme zu halten oder eine andere Stimmlage dazu erfunden. Ich bin bis heute sehr dankbar dafür – musikalisch. Aber auch sonst so. Seit Jahren nehm ich mir vor, mal wieder nach Falkenstein zu fahren, auch wenn dort schon seit einem Jahrzehnt kein Zeltlager mehr zu finden ist. Aber einmal noch wie zuletzt als Teenager die Himmelsleiter hochsteigen und die Hand ins Froschmaul legen, natürlich sehr erwachsen darauf vertrauend, dass es sich bei den alten Geschichten nur um Sagen handelt. Und dass sich das Maul keineswegs bei mir schließen wird …

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Ein Beitrag zu Lars Frage nach den Erinnerungen an die #Kindheitsferien.

7 Kommentare zu „Die Ferien meiner Kindheit“

  1. Klingt nach herrlich freien und glücklichen Wochen, die Du da in Erinnerung hast!
    Ich habe ganz ähnliche Bilder vor Augen – allerdings war ich mit den „Evangelen“ unterwegs! 😉
    Ich möchte diese Zeit auf keinen Fall missen und hoffe, dass ich meinen Kindern auch Ferien mit so einer großen Freiheit ermöglichen kann – die brauchen gar keine Flug-Fern-Allinclusive-Wellness-Reisen…
    Es grüßt Dich herzlich – und hofft immer noch, dass es heute Abend nicht regnet
    Blasslila

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    1. Hat übrigens keinen Tropfen geregnet – und der Himmel war dank der Wolkenberge ein einziges Schauspiel. War toll, der Sommernachtstraum 2015 – und meine Erinnerungen kamen im rechten Moment, sie haben mich etwas geduldiger mit dem Patenkind gestimmt 🙂 Ganz liebe Grüße

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      1. Herrlich, das freut mich sehr für Dich! Und Euch beide!
        Und das mit der Geduld – das kenne ich nur allzu gut. Unterscheidet sich doch die Setzung der Prioritäten der lieben Kleinen sehr häufig deutlich von der unseren… Und irgendwie wissen wir es ja doch immer besser! 🙂
        Liebe Grüße zurück!

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  2. Falkenstein, ich glaube, da war ich schon mal, aber als Erwachsene. 🙂
    War schön dort.
    Ferienfreizeit als Teenie kenne ich auch. 🙂 Zeltlager in der Eifel, Jugendherberge im Schwarzwald und einmal war ich in Österreich. 🙂

    Liebe Grüße,
    Martina

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  3. Das klingt wirklich nach einer tollen Kindheit! In Falkenstein war ich damals mit Mama und Papa im Urlaub, wunderschöne Gegend. Meine Kindheitsferien verbrachte ich vor allem im Berchtesgadener Land oder in der Schweiz beim Matterhorn – Berge waren sozusagen bei uns Pflicht ^^ Wir hatten dort unsere Stamm Ferienwohnungen und es fühlte sich an wie eine zweite Heimat. Unvergesslich ❤

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    1. Ja, der Bayerische Wald ist wunderschön – wobei das Berchtesgadener Land auch sehr empfehlenswert ist, am Matterhorn war ich noch nicht. Eine Ferienwohnung hat sicher sich was, kenne ich aber erst, seit ich erwachsen bin – liebe Grüße von Doris

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