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Spruch zum Wochenende: Zu Hause ist es am Schönsten

„In diesen Tagen bleib ich gern zu Haus,
genieße Wärme und den alten Brauch,
öffne täglich mir ein neues Türchen
am Adventskalender mit den Schnürchen.
Ich schlürfe heißen Tee und warte sehnlichst
auf’s Christkind und den ersten Schnee.“ (Monika Minder)

Euch allen ein schönes 3. Adventswochenende 🕯🕯🕯

Ferien zu Hause

Aus gegebenem Anlass gestatte ich mir heute mal ein paar Gedanken zu diesem „in den Ferien zu Hause bleiben“. Weil reihum doch viel Verdruss herrscht. „Die armen Kinder, erst nicht in die Schule, jetzt nicht mal wegfahren “ höre ich. Oder „Zuhause ist das doch nicht dasselbe, da kann sich doch keiner erholen …“. Hm.

Ich hab die Ferien meiner Kindheit fast alle zu Hause verbracht. Auf einem Bauernhof ist der Sommer die Zeit, in der schon Tagesausflüge eher schwierig zu planen sind. Also haben wir das Beste draus gemacht – es genossen, von früh bis spät die Dinge zu tun, die man nur in den Sommerferien machen konnte. Weil sonst, Kindergarten, Schule, Hausaufgaben. Auf Bäume klettern, Baumhäuser bauen. Kartoffeln vom Acker klauen. Mit dem Fahrrad überall hin und zurück fahren. Später an die Badeweiher der Umgebung und da ausgiebig im Wasser und an Land chillen …

Ich muss gestehen, dass ich auch gerne die Schlechtwettertage hatte. Da habe ich mir irgendwo ein Lager gebaut, mir x Bücher bereitgelegt. Und gelesen, gelesen, gelesen. Ich fand auch früher schon gut, ein Buch so lang zu lesen, bis ich es fast auswendig kannte (mach ich heute noch, nur zieht sich das „auswendig lernen“ auf Jahre …).

Was ich aber eigentlich sagen möchte ist: man kann das mit den Ferien zu Hause auch negativ wenden. Weil soooo schlimm ist das gar nicht. Gibt in unserer Welt sowieso viel  Angebot, auch rund ums Zuhause. Urlaub und Reisen, das gibts noch gar nicht so lange. War früher ein Privileg und ist es auch heute eigentlich noch, wie man gerade noch deutlicher merkt.

Mal Hand aufs Herz: Wer kennt denn seine Umgebung richtig gut? Es ist sogar ein Abenteuer, auf neuen Wegen abseits der bekannten Pfade unterwegs zu sein. Durchs Laufen lerne ich immer wieder neue Ecken meiner Heimat kennen, wo ich vorher noch nie war.

last but not least: Es darf durchaus mal einfach langweilig sein. Das macht auch kreativ. Ich merke manchmal, dass mir das als Erwachsener viel zu selten passiert. Dass es mir mal so richtig langweilig ist? Das letzte Mal war ich krank, so ab dem 2. Tag war mir langweilig. Lang her. Ich würd mich freuen, wenn mir dieses Langeweile-Gefühl in meinen Ferien begegnet. Es gibt da so einen leisen Zweifel in mir, ob ich das Meer sehen werde. Und langweilig wird es mir bestimmt leider auch nicht werden. Seufz.

Heimweh

img_4709Als sich die Eltern der beiden jetzt wieder Münchner, aber doch einige Jahre „Schweizer“ Patenkinder für ein Leben anderswo entschieden haben, hatten wir viel Gesprächsbedarf. Ein Umzug mit Kindern bedeutet auch, hinsichtlich der vorher vertrauten Wegbegleiter Sicherheiten schaffen, vorbauen, abstecken. Dass ich ja ein Mensch sei, der Freundschaft auch auf Distanz führen kann, das war beiden sehr wichtig. Der Umzug sollte schließlich die berufliche Karriere vom Herrn Papa fördern, alles andere würde sich schon geben.

Was alle Erwachsenen damals unterschätzt haben: wie stark das Heimweh werden kann. Nach München, nach den hier lebenden Menschen, nach der Muttersprache, nach den Freunden, nach Ritualen … das lässt sich auch nicht auf typische Wahrzeichen Münchens reduzieren, gehört aber alles in den einen riesengroßen Topf von Heimatgefühl. Dazu gehört, beim Bäcker Grüßgott zu sagen und Semmeln zu kaufen. Dazu gehört, das Gefühl zu haben, schnell und jederzeit in den Bergen zu sein. Dazu gehört aber vor allem so viel mehr, was sich gar nicht in Worte fassen oder mit Orten, Plätzen, Festen oder ähnlichem festmachen lässt.

Als die Frau Mama mir dann berichtete, dass sie zurückkomme, mit den Kindern, auch auf die Gefahr hin, eine Fernbeziehung führen zu müssen. Weil es ihr das Herz breche, vor Heimweh. Da wurde sie verstanden. In fast 4 Jahren waren es immer die Kurzaufenthalte in München, die sich nach Heimat anfühlten. Für die ganze Familie.Auch neu geschlossene Freundschaften in der Schweiz haben bei Monsieur niemals denselben Stellenwert besessen, wie seine Münchner Freunde. Jedes Mal hat er Rotz und Wasser geheult, wenn er sich trennen musste.

Wie groß dieses Heimweh war, wie tief die Wurzeln waren, wie schnell sie sich nach dem Zurückkommen im neuen Heim, in der Umgebung, im alten neuen Freundeskreis, im Münchner Jahresablauf, in der Heimatroutine wohlgefühlt haben. Wie glücklich alle 4 waren und sind, seit der Papa wieder in München arbeitet. Wie sehr haben sich die großen 3 „nach Hause“ gesehnt. Und auch Mademoiselle, die ja in der Schweiz geboren ist, wurde so schnell ein Münchner Mädl. Alle sind sie längst angekommen, fragt man heute nach Heimatliebe, bekommt man ein zufriedenes „Wir sind Münchner!“zur Antwort.

Mich beschäftigen diese Gedanken seit einigen Wochen, denn durch die Erkrankung des Patenkinder-Opas hat räumliche Distanz und Nähe einmal mehr eine andere Wertigkeit erhalten. Deshalb möchte ich mit diesem Text auf Andreas Frage zu „Heimat und Heimweh“ antworten und einen Beitrag aus dem Beobachter-Blickwinkel zum Thema „Was würdet ihr an München vermissen?“ für München.de antworten.

 

Wenn die Kraft zu Ende geht

Wie ist das, wenn Ärzte einen Befund mitteilen? Über eine lebensbedrohliche Krankheit „im Endstadium“ sprechen? Einem die Perspektive nehmen – ist da noch ein Hoffen? Ein Aufbäumen? Oder beginnt die Seele, sich zu verabschieden?

Als mein Onkel vor einem Jahr seine Diagnose bekommen hat schien es, als ob er sich mit aller Kraft und wachem Verstand wehrte. Er wollte und hat auch noch ein Jahr Leben bekommen. Mit seiner Krankheit allerdings wahrscheinlich nur noch selten schmerzfrei und unbeschwert. Trotzdem glaube ich fest daran, dass er in diesen Monaten vieles noch einmal bewusst erlebt hat, den Sonnenschein genossen, mit allen Sinnen aufgesogen hat, was das Leben lebenswert macht. Und am Ende losgelassen hat …

Mein Onkel, die späte Liebe meiner Patentante. Ein Münchner, ich kann mich gut an unser Kennenlernen erinnern, er kam in Lederjacke zum Antrittsbesuch auf den Bauernhof, fuhr in seinem geliebten Mercedes vor. Die Oma hat ihn eher als Dandy abgetan, später aber tief ins Herz geschlossen. Er war nett und ich mochte ihn. Er wollte von allen gemocht und vor allem anerkannt werden. Doch leider nicht nur das: Wie oft wollte er, dass alle ihm und seiner Meinung recht geben. Nur fiel mir und allen anderen Familienmitgliedern das mit im Lauf der Jahre immer schwerer. Auch wenn er meine Tante glücklich gemacht hat, mit ihr die eigene Familie gegründet hat, die sie sich immer gewünscht hat, er hat es sich zeitlebens einfach gemacht. Und zwar in allem. Nie wäre ihm in den Sinn gekommen, dass eigenes Verhalten von anderen gespiegelt wird, immer waren die anderen Schuld. Beruflich hatte er nie besonders großen Ehrgeiz an den Tag gelegt, dass er nicht befördert wurde, daran waren aber missgünstige Chefs und Jüngere schuld. Als sein Bereich aufgelöst wurde und man ihm eine Alternative anbot hat er miesepetrig noch etwas Zeit abgesessen, sich dann aber früh pensionieren lassen. Auf eigene Initiative, waren trotzdem die anderen schuld, dass die Rente entsprechend nicht so üppig ausfiel …

Mit Mitte 50 pensioniert, wir alle haben erwartet, dass er sich mit Hobbies beschäftigt, eine Werkstatt voll mit Heimwerker-Gerätschaften, die jedem Baumarkt zur Ehre gereichen, Kameras nebst Equipment, Ferngläser … Ihm war langweilig. Er wurde verdrießlich, ein Eigenbrötler, der sich mit Gott und der Nachbarschaft anlegte. Missgünstig auf andere wurde. Er sah sich immer als Opfer – kam aber nie auf die Idee, selbst aktiv zu werden. Wenn was nicht lief meckerte er, statt zu reagieren … Er war sehr hilfsbereit, keine Frage. Aber vor allem mit Worten. Oder im Verleihen seines Equipments. Selbst mit hingelangt hat er durchaus, nicht ohne zu schimpfen, auf schlechte Produkte, schlechte Verarbeitung, schlechte Handwerker, schlechte Gebrauchsanweisungen, … Wir haben uns meiner Tante zuliebe arrangiert, aber nicht weggesehen. Was hab ich immer wieder mit ihm diskutiert, seinem „Gell, Doris, das weißt und sagst du auch!“ widersprochen. Ohne Erfolg.

Körperliche Einschränkungen stellten ihn die letzten 10 Jahre vor immer neue Herausforderungen, er hat die Warnungen der Ärzte in den Wind geschlagen. Letztes Jahr mit gerade 69 die Diagnose: Endstadium, Leberzirhose … Eine Woche nach seinem 70. Geburtstag ist er Anfang September gestorben. Ein Jahr Pflege für die Familie, von etwas Unterstützung bis zur Vollzeitumsorgung. Die letzten Wochen waren intensiv, am Ende konnte er nicht mehr essen. Er durfte friedlich einschlafen – und nicht mehr aufwachen. 

Die Beerdigung, ein trister Tag, wenige Trauergäste, eine Grabstelle inmitten eines riesigen städtischen Friedhofs. Meine Tante, so gebückt – und doch so stark. Der Sarg aufgebahrt neben x anderen, eine Ansprache in der Aussegnungshalle, dann der Weg zum Grab. Der ganze Freundeskreis meines Cousins mit dabei, 4 Kerle, die nicht nur anwesend waren, sondern in den letzten Wochen auch bei der Pflege mit angepackt haben. Schön, zu sehen, dass es das gibt. Wir als Familie funktionieren, auch für unsere Tante, die so oft für uns da war, als wir Kinder waren. Unvergessen: meine Schwester hat sich aufgebretzelt, im kurzen Sommerkleid. Bei ihr wars warm und sonnig. Gut, dass wir uns bei mir getroffen haben und ich ihr was leihen konnte. Und die Verwandschaft, die kommt. Wenn auch selbst mit Beschwerden, aber sie nutzen die Chance, sich zu sehen. „Bei den Beerdigungen, da kommen wir alle zusammen.“ Hoffentlich auch mal wieder ohne traurigen Anlass – auch, wenn ich nicht so recht daran glaube …

Obwohl wir nicht immer einer Meinung waren, obwohl ich mir mein Leben anders wünsche, mir andere Menschen und ihre Meinung wichtig sind, ich werde die schönen Erinnerungen an meinen Onkel, vor allem die Kennenlernjahre, in denen er viel mit uns unternommen hat, ganz bestimmt im Herzen aufbewahren. Und nie vergessen, wie wir im Trauergottesdienst schmunzeln mussten, weil der Pfarrer partout von Engelbert gesprochen hat – nein, nicht sein Name. Aber wahrscheinlich hätte er selbst mit darüber geschmunzelt