Ich kann mich durchaus erinnern, dass in meiner Familie schon immer Wintersport im Fernsehen „beobachtet“ wurde. Lag aber wohl eher an der Begeisterung meiner Geschwister. Für „so was“ hatten meine Eltern keine Zeit.
Diesen Winter allerdings sind die beiden zu echten Fans mutiert. Sitzen in trauter Zweisamkeit pünktlich zu den Startzeiten im Wohnzimmer, kommentieren, kommunizieren. Man könnte sogar sagen, dass mein Vater seinen Tagesablauf an Biathlon, Skispringen – und neuerdings Olympia ausrichtet. Auf meine amüsierte Frage hin, woher das plötzliche Interesse und vor allem die Zeit dafür kommt, meinte er achselzuckend: „Schließlich hab ich als Rentner sonst nix zu tun. Und sie (Fingerzeig auf meine Mutter) schaut doch sowieso. Dann setz ich mich halt dazu.“
Kürzlich kam Mademoiselle nach einem Tag im Schnee nach Hause und entledigte sich selbständig sämtlicher dicker Kleidungsstücke. In T-Shirt und Strumpfhose stakste sie in ihr Zimmer, um einige Zeit später in einem neuen Outfit wieder bei der Familie im Wohnzimmer zu „erscheinen“. In ihrem geheimen Kinderzimmer-Reich hat sie sich ein Kostüm der Superlative zusammengesucht. Im Gürtel über der Strumpfhose steckten ein altes Handy, ein Stift und noch ein paar weitere kostbare Utensilien. Auf dem Kopf ein Partyhütchen von einer vergangenen Geburtstagseinladung. Die Augen versteckt hinter einer Papp-Maske. Ergänzt durch einen Stoffrest, als Umhang über der Schulter geknöpft. Der nun zum großen Auftritt selbstbewusst mit beiden Armen begleitet von einem fröhlichen Lachen ausgebreitet wurde: „Hier kommt Superwoman!“
… wenn der Circus Krone zu Tim Bendzkos Wohnzimmer wird. Und die Konzertfreundin und ich Platz nehmen dürfen. Das Versprechen des Sängers und seiner Cover-Band: „Mein Wohnzimmer ist dein Wohnzimmer – und alles was vor uns liegt wird gut sein.“ Oh ja, da hat er nicht zu viel versprochen. So fühlt es sich vor allem an, wenn ein kunterbunt gemischtes Publikum dabei ist. Wenn mitgesungen, mitgetanzt wird, wenn die Atmosphäre stimmig ist, der Künstler grade seinen Geburtstag gefeiert hat, ein Ständchen bekommt. So gut fühlt sich das an, obwohl da nichts wirklich Neues kommt. Macht nix, zweeinhalb Stunden einfach gute Musik tun einfach nur gut. Es war ein Fest für die Sinne – und dass er dann auch noch meine Namensvetterin auf die Bühne holt und „nur für Doris“ singt: Herz, was willst du mehr? Mehr davon, also: Viel mehr davon 😉
Jeden Morgen fällt mein Blick auf dem Weg in die Arbeit auf eine alte Diessener Tankstelle. Im früheren Verkaufsraum befindet sich heute eine Art Wintergarten. Und jeden Morgen sitzt da wahrscheinlich der ehemalige Tankstellenbesitzer mit seinem Morgenkaffee. Am Tisch. Ganz gemütlich. Manchmal leistet ihm seine Frau Gesellschaft, aber meist sitzt er da und studiert in aller Seelenruhe die Zeitung. Für den vorbeifließenden Verkehr hat er kein Auge, er ist vollkommen konzentriert auf seinen Lesestoff. Gemütlich ist er, der so einfach geschaffene Wintergarten, Sitzgelegenheiten und ein rustikaler Küchenschrank, ein paar Pflanzen. Auch die alte Zapfsäule ist mit viel Grün verziert. In der Werkstatt werden Reifen gewechselt, da war jetzt ein paar Wochen viel los, aber mittlerweile ist es wieder ruhig, beschaulich. Schön, dass die alte Tankstelle noch so lebendig ist.