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Lebenslinien

1995 und 1999, zwei Sommer meines Lebens. Zweimal zum Teil eines großen Ganzen werden, eines Theaterstücks, das als Nationalepos der Hallertau gilt. Menschen und ihre Eigenheiten kennenlernen, bekannt miteinander werden, sich vertraut machen. 

1995 meinte Franziska, lebenserfahren und weise, in unzähligen schönen, anregenden Gesprächen, dass der Mann, mit dem ich die letzten 7 Jahre verbracht hatte, sich bestimmt für mich freue, mir den Spaß und den Erfolg von ganzem Herzen gönne. Ich hab ihn gefragt – was das Ende unserer Beziehung eingeläutet hat. Sie war es auch, die mich immer wieder um Verständnis für die Extravaganz meines männlichen Gesangspartners gebeten hat, mich auf seine Unsicherheit im Umgang mit mir hingewiesen hat. Die ich immer noch für Arroganz halte, aber ich hab geschafft, durchzuhalten. Das und vieles mehr hab ich ihr zu verdanken, sie war mir über Jahre eine unaufdringliche, liebevolle Ratgeberin. Beeindruckt hat mich stets ihre Lebenslust, ihre gnadenlose Ehrlichkeit, sich selbst und anderen gegenüber. Die erste Krebsdiagnose hat sie, Kettenraucherin und Genusstrinkerin, angenommen und gesiegt. Die Folgediagnose hat sie erst optimistisch begonnen, sich aber schließlich gegen die Begleiterscheinungen der Chemotherapie entschieden. Für ein paar gute Wochen voll Leben. Dann leider …

Stefan, der begnadete Tenor, war 1999 einer von wenigen, die mich auf den Tod meiner Schwester angesprochen hat. Der sich getraut hat, mit viel Verständnis, wie ein väterlicher Freund. Wie oft hat er selbst sich vor dem Auftritt hinter der Bühne verkrochen, wollte allein mit seiner Nervosität sein. Wahrscheinlich hatte er gerade deshalb ein so feines Gespür für mein Verlangen nach Mittendrin sein? Das Leben spüren, er war selber keiner, der gerne im Mittelpunkt stehen wollte. Sein großes Solo im Stück täglich mit Zittern und Schwitzen verbunden. Wie oft könnte er nicht mal den aufmunternden Händedruck annehmen, es war ihm alles zu viel, sogar der Applaus. Über unseren Zusammenhalt als 4er-Gespann hat er immer wieder höchst anerkennend gesprochen, sich über unsere Freundschaft und Verbundenheit mitgefreut. Auch nach dem Fidel hat er immer gestrahlt, wenn wir aufgetaucht sind. Unvergessen die Kinder-Weihnachtsfeier 1999, wo er als Opa mit seinen Enkelkindern um die Wette gestrahlt hat. Und uns mit den speziellen geriffelten Pommes belohnt hat, die es nur bei ihm gab. Über die Jahre ist er nicht nur älter, sondern auch kränker geworden, hatte durch Diabetes starke Einschränkungen, konnte das Haus immer weniger verlassen. Wollte nicht mehr Leben.

Beide sind am selben Tag gestorben, zwei Beerdigungen in einer Woche, die ehemaligen Weggefährten kommen nicht nicht nur zur Chorprobe zusammen. Liebevolle Worte der Erinnerung an zwei besondere Menschen. Die beide zu früh gehen mussten. 

Neuzugang im Katzenhimmel

Auf Wiedersehen, liebe Wegbegleiterin der vergangenen 6 Jahre. Die letzten Tage ging’s dir mies, Nierenversagen. Du hast nicht mehr gefressen und warst viel zu schwach. Nicht zu vergleichen mit deinem bisherigen starken Ich. Du hattest ein gutes, wenn auch viel zu kurzes Leben auf dem elterlichen Bauernhof. Ich wünsch dir, dass du auch im Katzenhimmel immer jemanden findest, der dich ausgiebig krault. Und ein sonniges Plätzchen, ganz für dich allein, wie du es so gerne magst. Ich werd dich vermissen, kleiner tapferer Tiger! Und nicht nur ich.

Nur die Tante

Wie wird man eigentlich zur Tante? Und was kommen da so an Aufgaben auf einen zu? In meinem Fall muss ich immer etwas grinsen, wenn mich jemand nach meinen Erfahrungen fragt. So nach dem Motto: du bist dir schon bewusst, welchen Einfluss du als – vor allem Patentante – hast? Die Verantwortung, die du trägst? Klar, aber ganz ehrlich: in dem Moment, wo ich mit meinen Patenkindern zusammen bin, widme ich mich ihnen. Statt mir über meine Rolle Gedanken zu machen. Ich glaube, dass das nicht immer erzieherisch wertvoll ist. Aber so ganz verkehrt auch nicht. Ja, manchmal etwas weniger streng, klar, aber dafür habe ich für manches auch gar kein Verständnis, was die Eltern ok finden. Wahrscheinlich bin ich oft einfach nur ein erwachsener Freund für die Kids. Mit allen Vor- und Nachteilen, die ein Großer in dieser Kinderwelt eben hat. Und wenn ich dem, was dazu im www geschrieben steht, Glauben schenke, dann kann man nicht viel mehr machen, als Liebe schenken, Geheimnisse bewahren, ein Freund und Wegbegleiter sein und im entsprechenden Moment auch mal ordentlich den Kopf waschen … Oder?

Ich bin übrigens ähnlich wie von dieser Journalistin beschrieben etwas unvorbereitet in meine Tanten-Situation reingestolpert – und wahrscheinlich ergeht es ihr genau wie mir: die Kinder, Nichten, Neffen, machen schon genau die Tanten aus uns, die sie gerne hätten? 😉

Tag der Freundschaft

Gestern war der Tag der Freundschaft – und ich habe ja schon viel darüber geschrieben, wie wichtig mir Freundschaften ist, wie glücklich ich bin, dass ich echte Freunde in meinem Leben habe. An meiner Seite, die mich je nachdem auffangen und loslassen, Nähe oder Freiheit geben. Die mich mögen, wie ich bin. Mir auch mal den Kopf waschen, wenn ich total aus dem Ruder laufe, mir zuhören, ihre Gedanken mit mir teilen …

Freundschaften verändern sich, wie das Leben selbst. Die Geschichte einer Freundschaft verläuft in Phasen, von manchen Freunden entfernt man sich, anderen kommt man näher. Manche verliert man, von manchen verabschiedet man sich ganz bewusst. Je älter wir werden, desto wertvoller werden Menschen, die uns schon lange begleiten, die mehr Facetten unseres Lebens kennen, nicht nur den Jetzt-Ausschnitt. Aber: auch neue Freundschaften, die nichts von der Vergangenheit wissen, die auf Gegenwart und Zukunft ausgerichtet sind, können wunderbar sein. Mit Freunden teilt man alles, also auch Ängste, Sorgen und Nöte. Aus unseren Freundschaften entstehen manche Impulse, die für unser Leben essentiell sein können. Ein Freund kann einem einen Spiegel vorhalten, wie es kein Therapeut schafft. Einen Freund verletzen: auch, wenn man das unter allen Umständen nicht möchte – es kann so leicht geschehen.

An alle lieben Wegbegleiter, ob nah oder fern: ich möchte euch ein kleines Dankeschön schreiben, denn ich weiß sehr wohl, ihr musstet mit mir die guten wie die weniger guten Zeiten durchmachen. Die lieben Menschen, die ich Freunde nennen darf, müssen sich so manches aus meinem Leben anhören – in unendlichen Wiederholungsschleifen. Meistens geht es um irgendeine dummgelaufene Männergeschichte. Unterschiedliche Namen und Situationen. In dem Moment soooo wichtig, im nächsten … Meine beste Freundin hat mich irgendwann gefragt: „Muss ich mir den Namen merken?“ Wie wahr. Auch daraus habe ich gelernt. Wie aus den vielen Gesprächen zu den wichtigen und weniger wichtigen Themen, die uns alle tagtäglich beschäftigen. Es bleibt spannend, und das ist gut so. Denn in meinem Freundeskreis wird, so Gott will, nie der Gesprächsstoff ausgehen.