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Lebendige Entwicklung von Sprache

Vor einigen Monaten habe ich einen Artikel gelesen, der besagte: wenn Sie diese Worte kennen sind Sie alt. Schmeichelhaft. Jetzt hatte ich in diesen Tagen ein Erlebnis, bei dem zwei bairische Mannsbilder sich in einer Unterhaltung gründlich missverstanden haben. Der eine ist knapp über 40, der andere um die 30. Beide in Oberbayern geboren und aufgewachsen, des ortsüblichen Dialektes kundig.

Ü40: „Der mit seiner Pamperl-Firma…“

Ü30: „Verdient aber gutes Geld, was er immer so erzählt.“

Ü40: „Trotzdem, alles nur Pamperlkram, was der treibt …“

Ü30: „Quatsch, Bappal, ist doch echt, nicht nur mit Briefkasten und so …?“

Erklärung: Pamperl, das bairische Wort, das Ü40 verwendet hat, bezeichnet etwas Kleines, Minderwertiges. Mit seiner Aussage wollte er klarstellen, dass „Der“ zwar ein Geschäft betreibt, das aber keinesfalls für Qualität steht. Was Ü30 verstanden hat: Der mit seiner Bappal-Firma. Das bairische Wort steht für einen Aufkleber, wurde hier aber missverständlich mit einer Briefkastenfirma in Verbindung gebracht. So entwickelt sich Sprache. Und an der eingangs erwähnten Annahme, dass, wer älter ist, Wörter noch kennt, könnte zumindest in diesem Fall was dran sein …

Darf ich Schokolade?

Auch an meinen Patenkindern bemerke ich hin und wieder, dass sich Sprache verändert. Für mich als Germanistin ganz schwierig: wenn da was fehlt. Also zum Beispiel ist „Kann ich Schokolade?“ oder „Darf ich Schokolade?“ kein vollständiger Satz. Ich warte immer, dass da noch was kommt. „Ich gehe Klo“ oder „Wir müssen Supermarkt“ ist für mich kein Deutsch. Könnte es aber in Zukunft mal werden? Sagt dieser Artikel, das sei Sprache im Wandel. Und dagegen kann man ja nun mal nichts machen. Wieviele englische Begriffe haben wir heute im ganz normalen Sprachgebrauch, vergleicht man das Deutsch aus Herrn Goethes Tagen, so ist ganz klar: Sprache ändert sich. Schon allein aus Gesprächen im Dialekt, denen ich hin und wieder lauschen darf, weiß ich ganz genau, wie überbewertet Verben oder Präpositionen sind. Und trotzdem muss es mir nicht gefallen. Und trotzdem kann ich versuchen, vollständige Sätze zu sprechen. Weil es so für mich einfach mehr Sinn macht. Und Punkt.