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Paula und Frau Igel: Vorlesegeschichten aus der Nachbarschaft

Paula macht sich Sorgen, den ganzen Winter über hat sie nichts von ihrer liebenswerten Nachbardame Frau Igel gehört. In den letzten Jahren hatte die sich im unbewohnten Nachbarsgarten unter einem aufgetürmten Haufen alter Äste, Zweige und Tonnen von warmem Laub häuslich niedergelassen. Jetzt wohnen aber schon den zweiten Winter die Nachbarsmädels samt Familie nebenan. Und zumindest in den warmen Monaten tollen die lautstark und ohne Rücksicht durch den Garten. Der große Haufen hinten im Eck ist einer Schaukel gewichen. Wo mag nur die nette Igeldame hingezogen sein?

Da endlich, eines schönen Frühlingstages hört sie das altvertraute Husten. Hört sich nach einem alten Kettenraucher an. „Da sind sie ja wieder, Frau Igel,“ ruft Paula erfreut rüber. „Wie ist es Ihnen ergangen? Und wo wohnen Sie denn jetzt?“

Die Igeldame kommt langsam und gemächlich zum Zaun gelaufen. „Hallo Paula, schön Sie zu treffen. Ja, ich bin umgezogen. Die Mädels verbreiten mir im Garten zu viel Hektik. Und der Vater hat meinen ganzen schönen Haufen mit so einem komischen Teil zu winzig kleinen Stückchen gehäckselt … Aber wissen Sie was: unter der Terrasse, da liegt so viel rum. Da hab ich mir eine schöne neue Höhle ausgesucht. Eigentlich sehr luxuriös sogar. In einem roten Rohr hab ich es mir gemütlich gemacht. Das hat genau meine Größe.“

Jetzt kommt Frau Igel sogar richtig ins Schwärmen: „Ich hab sogar einen kleinen Vorhof und Möbel aus anderen Utensilien, die beim Bau übrig geblieben sind. Ein gelbes Teil nutze ich als Sofa, ein Stein ist mein Bankerl in der Sonne, und stellen Sie sich vor: ich hab sogar eine Hängematte. Da schaukle ich so gern. Den ganzen Winter über hab ich in meinem neuen Zuhause wirklich himmlisch geruht. Nicht mal die Spinnen und Käfer verlaufen sich bis zu mir. Ha. Für heute verrate ich nicht, wo genau – aber Sie hören mich ja husten.“

Und über die Tage treffen sich die Hunde- und Igeldame wieder wie gewohnt morgens und abends am Zaun für einen ausgiebigen Plausch. Über alles, was so in den Nachbarsgärten vor sich geht, die zwei sind schließlich aufmerksame Beobachterinnen. Wie es sich gehört natürlich, die beiden halten sich an das, was vorgegeben wird – mit ausreichend Sicherheitsabstand.

Paula und die Hasenbande: Vorlesegeschichten aus der Nachbarschaft

Neben Paula wohnen die Nachbarsmädels, die sich liebevoll um zwei Hasen kümmern. Im Winter sind die beiden nur im Hasenstall, deshalb freut sich Paula immer sehr, wenn es Frühling wird und die beiden tierischen Kumpels endlich im Freilauf unterwegs sind. Nicht, dass sie da mit hinein möchte, beileibe nicht. Schließlich liegen da schon nach kürzester Zeit überall eklige Hasenköttel – und Paula ist mit ihren langen, zotteligen Locken schon etwas etepetete. Da soll ja nix drin kleben bleiben, noch dazu nix, was stinken könnte – igitt …

Aber nett ist es, sich mit den beiden nach ein paar langweiligen Wintermonaten mal wieder auf einen Ratsch zu treffen. Die zwei haben immer was zu erzählen. Der kleine Schwarze darf regelmäßig zum Zahnarzt, da werden ihm die zu schnell wachsenden Zähne gestutzt. „Pah, das tut zum Glück gar nicht weh“, berichtet das tapfere Hasenmännlein großmaulig. „Aber im Wartezimmer treffe ich jedes Mal einen anderen Freak. Da war mal eine schweigsame Schildkröte, mal eine arrogante Pudeldame, mal ein wild schreiender Papagei, mal eine Katzen-Diva … ja, ich treff da jedes Mal lauter irre Gestalten.“

Der große Weiße dagegen ist ein Fresssack, der berichtet von den gefräßigen kleinen Mäusen. „Diese Mistviecher haben es sich tatsächlich im Sack mit unseren teuren Kräutern bequem gemacht und ganz schön viel vernascht. Dabei steht da doch in großen Buchstaben Bio-Kräuterfutter für Hasen drauf. Können die dummen Dinger nicht lesen? Haaaasen. Keine Mäuse. Nicht.“

Auch Paula erzählt, was sie beim Gassigehen unterwegs so mit ihrem Herrchen Andi erlebt. Hin und wieder trifft sie nämlich auch unterwegs auf eine Hasenbande. Wenn sie dann aber ganz aufgeregt zu denen laufen will, um sich zu unterhalten, rennen die wild Haken schlagend in alle Richtungen davon. Komische Typen sind das, die freilebenden Hasen. Da besucht sie lieber ihre Kumpels nebenan. Tolle Nachbarn sind das nämlich. Wie man sich das als Hundedame nur wünschen kann.

Und wenn sie genug mit den beiden geratscht haben oder die nur noch einsilbig Gras mampfend nuscheln, dann schleicht sie sich wieder davon.

Wie sie in den Nachbarsgarten kommt? Vor Jahren, zu Zeiten als das Nachbarsanwesen leer stand, hat sich die clevere Hundedame einen ganzen Sommer lang jeden Tag ein kleine Stück mehr ein Loch unter dem Gartenzaun durch gegraben. Immer hat sie fein säuberlich alles mit einem wild wuchernden Busch gut zugedeckt, damit keiner ihren Geheimgang entdeckt. Und da schlüpft sie auch jetzt von Frühjahr bis Herbst beinahe täglich für ein kleines bisschen Auszeit rüber in Nachbars Garten. Aber pssst, geheim!

Paula und der Osterhase: Vorlesegeschichten aus der Nachbarschaft

Die ganze Woche über ist Paula ganz aufgeregt. Letzte Woche hat sie nämlich vom Gartenzaun aus mitbekommen, dass sich die Nachbarsmädchen beim Schaukeln mit der Tante darüber unterhalten haben, ob der Osterhase wohl trotz der Ausgangsbeschränkung vorbeikommen darf. Das wär ja wohl noch schöner, die Ausgangsbeschränkung gilt schließlich nur für Menschen. Ihr Herrchen Andi darf dank Paula jeden Tag zum Gassigehen raus. Ja, das hat er ihr schon ein paar mal gesagt, dass er froh ist, weil Paula nämlich sein Mittel gegen den Lagerkoller daheim ist. Jawoll.

Die nächsten Tage hat Paula aufmerksam beobachtet, ob sich auch Tiere an die Ausgangsbeschränkung halten. Der Reiher kommt vorbeigeflogen, Käfer und Schmetterlinge kommen tanzend zu Besuch. So viele Vögel wie noch nie zwitschern, piepten, singen, pfeifen und keckern sogar rundherum. Und auch die Nachbarskatzen schleichen ihre üblichen Runden. Nur Emil, der Goldfisch, der bleibt wie immer in seinem Teich. Also doch eigentlich alles wie immer?

Na ja, nicht ganz, denn die Nachbarsmädels, die müssen jetzt immer zu Hause bleiben. Nicht in den Kindergarten, nicht in die Schule, keine Freunde treffen … Paula fiebert richtig mit. Am Karfreitag rennt sie ganz aufgeregt in den Garten, weil sie einen Schatten huschen sehen hat. Ach nein, das war nur der schwarze Kater von schräg hinten. Der verbringt den Nachmittag wie so oft auf dem struppigen Baum an der alten Garage, schlafend lässt er sich die Sonne auf den Pelz scheinen.

Aber spät am Abend, eigentlich in der Nacht vor dem Ostersonntag, da hat sie ihn dann doch erspäht, den Osterhasen. Keuchend stellt er seinen schweren Korb am Gartenteich ab und ratscht ein paar Minuten mit Emil. „Na Emil, wie geht’s?“ „Bei mir alles prima, ganz normal. Und bei dir?“ „Naja, die Menschen haben ja Ausgangsbeschränkung, deshalb muss ich dieses Jahr schon schwer schleppen. Sonst unterstützen uns die Mamas und Papas ja oft, kaufen ein paar der schweren Geschenke und legen sie für uns bereit, so dass wir sie nur noch in die Osternester legen müssen …“ Seufzend hievt er sich den schweren Sack wieder auf den Rücken und hüpft in Richtung Gartenzaun.

„Warte,“ ruft Paula, „ich zeig dir meinen Geheimweg, dann musst du nicht drüberkraxeln.“ Gesagt getan weist sie ihm den Weg zur gut verdeckten Höhle unter dem Zaun, da kommt man super einfach durch. Paula schlüpft da immer schnell mal in den Nachbarsgarten, wenn sie die beiden Hasen besuchen will. Oder die Mädels beim Spielen beobachten. Oder dem Herrn Igel Servus sagen. Oder …

Der Osterhase folgt ihr und sucht nach einem guten Platz fürs Osternest. Schnell zaubert er aus Zweigen und Moos ein tolles Versteck, dann nimmt er die Geschenke aus dem Sack, Bücher, Spielzeug, dazu packt er noch etwas Schokolade und goldene Häschen mitGlocke. „Das haben sich die Mädels wirklich verdient, diese Ausgangsbeschränkung ist für alle doof, Kinder und Eltern. Am allerdoofsten für die Großeltern. Hoffentlich ist das bald wieder vorbei.“ Meint er. “ ja wirklich, das ist richtig doof,“ findet auch Paula. „Aber es sollen halt alle gesund bleiben.“ „Da hast du recht. Danke dir für deine Hilfe und bis nächstes Jahr – ich muss weiter!“ Ruft er und schon ist er in den nächsten Garten verschwunden.

Paula betrachtet zufrieden das gut gefüllte Osternest, da werden sich die Mädels freuen. Und fröhlich tapst sie durch den Geheimgang zurück nach Hause. Doch was liegt denn da auf der Treppenstufe zur Veranda. Das ist ja ein Leckerli in Osterei-Form. Sie lächelt selig und wedelt glücklich mit dem Schwanz. „Danke, Osterhase, bis nächstes Jahr!“