Schlagwort-Archive: vorlesegeschichte

Paula und die Pusteblume: Vorlese-Geschichten aus der Nachbarschaft

Heute Nachmittag schaut Paula den Nachbarmädels beim Spielen zu. Die Große rennt mit ihrem Fotoapparat durch den Garten. Immer wieder muss die kleine eine Blume in die Hand nehmen und pusten. Das schein den beiden großen Spaß zu machen, sie lachen und streiten gar nicht, wie sonst oft. Irgendwann meint die Große: „…und jetzt darfst du dir was wünschen – also erst was wünschen und dann pusten. Dann geht der Wunsch in Erfüllung!“

„Echt?“ Die kleine Schwester ist ganz begeistert und ruft laut: „Iiiich wünsch mir, dass die Ausgangsbeschränkungen vorbei sind und ich wieder alle treffen darf, Familie und Freunde …“ und sie pustet und pustet, bis alle kleinen Flugschirme in alle Richtungen davonfliegen.

Oh, das ist ein schöner Wunsch. Das will Paula auch. Sie hüpft durch ihren Garten und bei jeder Pusteblume pustet sie und pustet und pustet … schließlich legt sie sich erschöpft in die Nachmittagssonne und schläft ein bisschen. Als sie aufwacht hört sie, wie Herrchen und Frauchen sich unterhalten. Karin erklärt Andi: „Also, man darf die Familie wieder besuchen, und Freunde darf man auch treffen. Und ein paar Klassen dürfen wieder in die Schule gehen …“

So schnell können Wünsche in Erfüllung gehen. Hach. Paula saust lächelnd und mit fliegenden Ohren zum Gartenzaun. Auch dort führen zwei einen Freudentanz auf. Auch wenn sie selbst nicht in die Kita darf, die sie sehr vermisst, die kleine Schwester freut sich mit der Großen über ein bisschen Normalität.

Paula und die Maus: Vorlese-Geschichten aus der Nachbarschaft

Beinahe jedes Jahr zieht im Frühjahr eine Maus in Paulas Garten ein. In den Wintermonaten ist es ihr in der versteckt gelegenen Mäusehöhle im hintersten Garteneck zu kalt, da sucht sie in wärmeren Gefilden Unterschlupf. Aber so um Ostern rum zieht sie meist wieder in ihre schöne Höhle ein. Das ist praktisch, denn zu der Zeit sind die Vögel mit Nestbau beschäftigt und das viele Futter, das Paulas Herrchen und Frauchen eigentlich rund um das Vogelhaus verteilen, bleibt übrig. Die kleine Maus kommt eifrig am Vogelhäuschen vorbei, einen Teil der köstlichen Körner schnabuliert sie sofort, den Rest bringt sie in ihre Vorratskammer.

Paula mag die kleine Maus ganz gerne, auch wenn die es immer eilig hat und eher kurz angebunden beim Ratschen ist. Seit ein paar Tagen allerdings sieht sie die Maus nur noch eiliger vorbeihuschen. Da muss irgendwas sein. Neugierig läuft Paula ins Garteneck und wartet vor der Mäusehöhle geduldig, bis die kleine Maus herausspitzt. Wie die erschrickt, als sie Paula sieht. Schwups. Sofort ist sie wieder tief im Mäuseloch verschwunden. „Hallo Maus!“ ruft Paula. „Ich bins doch bloß, was ist denn los? Hast du Angst?“ Die Maus kommt langsam und in alle Richtungen spähend hervor, allerdings wagt sie sich nur mit der Nasenspitze bis ganz nach vorne. „Weißt du Paula, mit den Katzen aus der Nachbarschaft hab ich nicht so das Problem. Die wohnen alle bei den Menschen, bekommen viel Futter und sind eher träge, was das Mäusejagen angeht. Aber die dürre graue Katze, die hier seit ein paar Tagen rumschleicht? Die ist wild und – na ja, also vor der nehm ich mich besser in Acht.“

Hm, das versteht Paula natürlich gut. Aber da muss es doch eine Lösung geben, weil Angst haben – das weiß Paula ganz genau – das ist schlimm. Das wünscht sie nicht mal ihren schlimmsten Feinden. Am Nachmittag grübelt Paula, dann fällt ihr ein, was sie tun kann.

Als ihr am frühen Abend die dürre Graue begegnet ruft sie ihr zu „Hey du, du bist neu in meinem Garten. Was machst du hier?“ „Was wohl,“ nuschelt die misslaunige Katze mit knurrendem Magen. „ich hab Hunger und leg mich auf die Lauer. Ich wittere hier reiche Beute.“ „Ach,“ antwortet Paula verbindlich, „da muss ich dich enttäuschen. Hier im Garten kannst du lange warten, hier gibts nur eine uralte magere Maus. Die ist nicht mal ein Appetithappen für dich. Aber da hinten am Waldrand, neben den Bahngleisen, ich kann dir sagen … ich lauf da ja fast jeden Tag mit meinem Herrchen zum Gassigehen lang. Und glaub mir, da sind Mäuse zum Sattwerden.“ Die Katze schaut sie erst argwöhnisch an, dann knurrt schon wieder laut und vernehmlich ihr Magen. „Also gut, ich glaube dir. Wo muss ich hin, kannst du mir den Weg beschreiben? Ich hab Huuuunger …“

Das tut Paula nur zu gerne und sie beschreibt noch ein paar Wege mehr, damit die Katze auch ja lange laufen muss und für immer wegbleibt. Das klappt, die dürre Graue bleibt für immer und noch viel länger weit weg aus dem Garten – und die kleine Maus macht sich beruhigt wieder an ihre täglichen Läufe zum Futter sammeln. Dabei findet sie auch immer Zeit für einen netten Ratsch mit Paula. Angstfrei, das tut gut.

Paula und der Schmetterling: Vorlese-Geschichten aus der Nachbarschaft

An sonnigen Tagen kann Paula es schon am frühen Morgen kaum erwarten, in den Garten zu kommen. Dort läuft sie der Sonne hinterher, schnappt nach den Strahlen und lässt sich die Wärme auf den Pelz scheinen. Hach, Sonnentage liebt Paula sehr. Und an sonnigen Tagen bekommt sie auch immer besonders viel Besuch im Garten. Denn jedes Mal, wenn die Sonne scheint, kommen alle Schmetterlinge weit und breit bei Paula vorbei. Die lieben nämlich den lilafarbenen Flieder, den Paulas Herrchen Andi jedes Jahr im Frühling radikal zurückschneidet. Trotzdem treibt der immer wieder und spätestens ab Mai explodieren die Blüten.

Und die Schmetterlinge geben sich den guten Tipp natürlich weiter. Deshalb kommen nicht nur die Falter aus dem Viertel, sondern aus der ganzen Stadt den weiten Weg geflogen, um den leckeren Nektar von Andis Schmetterlingsflieder zu kosten. Und jeder nimmt sich Zeit, nicht nur schnell seine Mahlzeit einzunehmen, sondern alle tanzen für Paula. Ja, das ist wirklich besonders schön, wenn sich Schmetterlinge mit ihren zarten Körpern und dem sachten Flügelschlag über die Wiese nähern. Sie schillern in allen Farben des Regenbogens. Jeder sieht anders aus, aber alle bewegen sich so anmutig …

Ach, Paula seufzt. Das würde sie auch zu gerne können. Als ein Zitronenfalter angeflogen kommt nimmt sie sich ein Herz und fragt ihn: „Sag mal, kannst du mir mal zeigen, wie du tanzt? Vielleicht kann ich das ja auch?“ Der Schmetterling freut sich, dass Paula seinen Tanz zum Nachmachen schön findet. Also zeigt er ihr jede einzelne Bewegung und gibt sich viel Mühe … nur irgendwie will und will das nicht klappen. Vor allem zeigt sich, dass Paula zu groß ist und weil sie ja auch keine Flügel hat. Und ihre Ohren sind irgendwie immer im Weg. Sie hüpft und dreht sich, hoch und nieder, aber irgendwie …

Als Frauchen Karin aus der offenen Terrassentür schaut ruft sie Herrchen Andi zu: „Andi, bitte schau mal, ich glaub, Paula ist gestochen worden. Unser armer Hund hüpft sich wild drehend und mit rausgetreckter Zunge durch den Garten …“. Andi rennt raus und schnappt sich Paula. Der Zitronenfalter fliegt elegant davon, Andi aber kann ja gar nichts finden…

Aber Paula ist vom vielen Üben auch vollkommen erschöpft. Den restlichen Tag verbringt sie dösend mit Blick auf den Schmetterlingsflieder. Das Tanzen überlässt sie lieber denen, die das mühelos richtig gut können.

Paula und die diebische Elster: Vorlesegeschichten aus der Nachbarschaft

Bei den Nachbarsmädels rückt öfter mal die ganze Familienmannschaft an, wenn im Garten was gearbeitet werden muss. Dabei ist auch immer die Tante, laut dem Papa der Mädels kann die richtig gut anpacken, aber meist geht dabei auch was kaputt. Eines Tages hat Paula mitbekommen, wie die Tante immer und immer wieder Meter für Meter im Garten abgesucht hat. „Das kann doch gar nicht sein, ich hatte die Brille gerade noch – jetzt ist sie spurlos verschwunden.“ Die Ärmste, ohne Brille ist die doch bestimmt ganz blind?

Paula sucht auf ihrer Seite vom Zaun alles gründlich ab, nix. Keine Brille weit und breit. Doch, da oben, auf dem Dach der Garage, da spaziert die Elster mit stolzgeschwellter Brust auf und ab. Im Schnabel hat sie etwas, das schon seeeehr an die Tantenbrille erinnert. Paula bellt aufgeregt, dummerweise können die Menschen das nicht verstehen …

Die arme Tante muss ohne Brille nach Hause fahren.

Tage später sieht Paula beim Gassigehen etwas neben dem Bürgersteig glitzern. Aufgeregt bellt sie. Herrchen Andi bleibt zwar stehen, er achtet aber nicht auf das, was sie ihm zeigen möchte. Dafür kommt gerade das große Nachbarsmädchen auf dem Roller vorbei. Die macht vielleicht große Augen und ruft: „Da liegt ja die Brille meiner Tante!“ Genau, Paula wedelt begeistert mit dem Schwanz. Und sie und Andi begleiten die Finderin auf dem Heimweg, nicht, dass die Brille noch mal abhanden kommt. Sicher ist sicher.