Irgendwie entwickelt sich heute zum faulen Tag, die arme baustellengeplagte Mietzekatze fordert Aufmerksamkeit – und weil Sissi Teil 1läuft gönn ich mir die Pause, sitze inmitten der Baustelle und schau etwas Kitsch.
War die letzten Tage durch die Einladung des Deutschen Theaters zum #Tweetup ja gedanklich sehr viel mit Leben und Hinterlassenschaft der Kaiserin von Österreich beschäftigt. Jetzt schau ich, wie die zauberhafte Romy Schneider doch nur fischen gehen will – und sich dabei ganz zufällig den damals begehrtesten Junggesellen weit und breit geangelt hat. Kann ich immer wieder sehen, mittlerweile häufig mit der bezaubernden Nichte. Die haben wir auch schon zum Fan gemacht – immerhin spielen Rehe, Vögel, Pferde, ein Auerhahn, Hunde, Katzen und noch allerhand andere Tiere mit. So lässt sich die Geschichte auch mit viereinhalb ganz gut aushalten. Ach, schon ein paar wunderbar skurrile Rollen, der dienstbeflissene Oberst Pöckl, der Diener Thomas, der Bruder des Kaisers, die Bairischen Freunde, die kaiserlichen Tanten … Schön, so als Abschluss meiner Elisabeth-Woche. Und einfach immer wieder wahr, der Spruch, den Erzherzog Max seiner Sissi in der Vater-Tochter-Szene im Wald mit auf den Weg gibt: „Wenn Du einmal Kummer oder Sorgen haben solltest im Leben, dann geh wie jetzt mit offenen Augen durch den Wald. Und in jedem Baum und in jedem Strauch, in jeder Blume und in jedem Tier, wird Dir die Allmacht Gottes zum Bewusstsein kommen und Dir Trost und Kraft geben.“
Noch schöner wird’s am späten Nachmittag, denn die beste Freundin ist gerade auf dem Weg nach Bayern und wir sehen uns. Wenn das keine perfekte Sonntagsfreude ist?
Ihre Geschichte begleitet – bestimmt nicht nur mich – mein Leben lang: Elisabeth, Kaiserin von Österreich, genannt Sisi. Die Sissi-Filme zu Weihnachten war jahrelang gesetztes Programm für mich und meine Schwestern.
Elisabeth im Sternenkleid
Das Musical habe ich zwar nie gesehen, die Musik aber kenne ich in- und auswendig. Der Komponist wohnt mit seiner Familie übrigens in der Hallertau, quasi „ums Eck“ von meinem Heimatort. Zum Komponieren für das erfolgreiche Musical hat ihn laut Medienberichten seine Frau überredet, die ein Faible für Elisabeth hat. In allen Facetten, keinesfalls romantisch verklärt wie im Film, in dem die hübsche Prinzessin Kaiserin und geliebte Ehefrau ihres Franzl wird. Wo die Film-Trilogie mit Happy End endet, legt sich das Musical erst richtig ins Zeug. Zeigt im Zeitraffer, wie unglücklich dieses majestätische Erbe sie machte.
In der Garderobe hat alles seinen festen Platz, beim Umziehen hat keiner Zeit, lange zu suchen …
Wie wenig ihr am Ende das bedeutet hat, was eigentlich wichtig hätte sein können. Wie traurig sie war, wie sehr die Grabenkämpfe mit einer unbeugsamen Schwiegermutter und die Erwartungshaltung einer Gesellschaft sie ausgezehrt haben. Aber auch, was für ein Egoist sie dadurch wurde …
Der Blick in den Orchestergraben #DeutschesTheaterMünchen
Jetzt habe ich das Musical zum ersten Mal live erlebt, auf Einladung des Deutschen Theaters. Beim #Tweetup. Eine Premiere für fast alle Beteiligten. Eine bunte Truppe von Menschen, die auf unterschiedlichen Kanälen online kommunizieren. Twitter, Facebook, Blogs – 10 wurden ausgewählt, ich gehöre dazu.
Partitur
Ein paar große Fans, sogar echte Musical-Experten, die nicht nur diese Inszenierung in München schon gesehen hatten, sondern das gleich mehrfach. Die anderen Darsteller schon erlebt haben. Wow, da bleibt mir nur, meinen Eindruck wiederzugeben, für mich ist es eine Premiere.
Hinter den Kulissen lagert alles, was im Verlauf des Stücks benötigt wird, etwa Sissis Reisegepäck
Im Vorfeld wurde auch Kritik geäußert, so eine Gruppe störe sicher das restliche Publikum, es gäbe einen Grund, wieso Aufnahmen verboten seien. Und was genau soll so eine Veranstaltung eigentlich bringen? Gute Frage. Hab ich mich im Vorfeld auch gefragt. Kann ich das? Also gleichzeitig erleben, alles aufnehmen – und das twittern? Wie oft? In welchem Abstand soll man…? Verpasse ich dann nicht wichtige Szenen?
Kitsch
Mein Eindruck war: es fühlt sich genauso an, wie wenn man als „normaler“ kritischer Berichterstatter eine Aufführung erlebt. Die Tweets sind nicht nur durch die 140 Zeichen ohnehin kurz, es ist, als ob man „sich“ ein paar Notizen macht. Bilder durften nur in bestimmten Szenen gemacht werden – und natürlich ohne Blitz. Das war also sicher nicht störend. Meine Aufnahmen sind zwar auch entsprechend unscharf, aber egal. Nach der Aufführung wurde ich übrigens von einer Zuschauerin angesprochen, die nachfragte, ob wir das offiziell machen. Und die fand es toll, „da wär ich auch gern dabei gewesen, schöne Sache“.
Die „Pferdchen“ für die Lippizaner-Parade der Regierungsvertreter mit Erzherzogin SophieDie Puppen aus dem Kinderzimmer – können nicht ersetzen, dass der kleine Rudolph seine Mama vermisst
Besonders waren die kleinen Zusatzprogrammpunkte, also die Erklärung der Bühne und der Blick hinter die Kulissen. Wir haben uns auf der Drehbühne im Kreis bewegt, in den Orchestergraben gespäht, die Bühnenbilder bewundert, waren in den Garderoben, haben Perücken und Kleider bestaunt … Und ja, es macht einen Unterschied, ob man die Puppen aus dem Spielzimmer des jungen Rudolph vorher schon mal nah gesehen hat. Oder weiß, wo der Schirm hängt, mit dem sich Elisabeth bei der Begegnung am Meer vor der Sonne schützt. Besonders beeindruckt waren wir alle von Elisabeths Haaren, die mehrfach gewechselt werden müssen, sehr schwer sind – und mit alten Heizscheren gelockt werden, weil moderne Lockenstäbe nicht heiß genug werden.
Alles hat seinen Platz, damit später nur ein Handgriff notwendig ist – mit dem Schirm spaziert Elisabeth am Strand
Besonders in Erinnerung bleibt mir die Ensembleleistung, man merkt, wie sehr das ein Team ist. Keine Einzelkämpfer, einige können für jede Rolle flexibel eingesetzt werden. Wunderbar, wie die Darsteller das Altern, also andere Perücken, graues Haar, auch stimmlich umsetzen konnten. Die Stimme von Elisabeth ist zu Beginn mädchenhaft und wird immer schwerer, bei Franz Joseph dachte ich sogar, es wären 2 Schauspieler, das liegt natürlich auch an den Stücken. Ja, Gesang ist so sehr Geschmacksache, deshalb ganz kurz: mich hat jede einzelne Leistung sehr überzeugt. Etwas überraschend war „Boote in der Nacht“, das Duett des Kaiserpaares, mein absolutes Highlight, ein echter Gänsehautmoment.
Wenn der Dirigent im Spiegel zu entdecken ist
Und gefreut habe ich mich, als ich während „Wenn ich dein Spiegel wär“ den Dirigenten im Spiegelbild entdeckt habe und für Minuten absolut im Takt war. Ein Lob an das Orchester, das auch in den schrillen Passagen nicht übermütig wird – und sich in der Lautstärke sehr dem Raum anpasst. Meine große Bewunderung gilt denen, die hinter den Kulissen für den reibungslosen Ablauf sorgen, Garderobe, Licht, Technik. Die Bühne des Deutschen Theaters ist nicht sehr groß, da muss jeder Handgriff sitzen. Das Publikum soll ja nicht sehen, wenn die Kulissen vorbereitet und wieder verstaut werden.
Kostüme, Kostüme, Kostüme – eine Unmenge an Kostümen
Und das mit den Kostümen und Perücken: Elisabeth wechselt allein 14 mal das Outfit. Die Ensemble-Mitglieder verwandeln sich in Hofdamen, Kaffehausgäste, Kammerzofen, Volk, Hofstatt, Regierung, Hochzeitsgäste, Reisegesllschaft … Da muss man sich blind aufeinander verlassen können. Und wissen, wo was liegt. Geordnete Handgriffe, sonst leidet das Stück.Zum Schluss hätte ich durch die angeregte Plauderei mit der Zuschauerin beinahe die beiden Hauptdarsteller Roberta Valentini und Mark Seibert an der Bühne verpasst – hab aber doch noch dazu gefunden. Wär schade gewesen, denn das Meet & Great war so richtig herzlich, offen, interessiert. Schön, dass wir hier zwei echte Stars zum Anfassen erlebt haben. War ziemlich sympathisch, dass sie sich Zeit für uns genommen haben. Dazu auch noch mal ein großes Dankeschön an das Team vom Deutschen Theater, das die Idee zum #Tweetup hatte, alles vorbereitet und uns durch den Abend begleitet hat. An Mona, die uns auf (und über) die Bretter, die die Welt bedeuten, geführt hat. Und ein riesengroßes Dankeschön an alle Darsteller, Musiker und diejenigen, die im Hintergrund wirken, es war ein ganz schön toller Abend. Den ich so schnell nicht vergessen werde! Das finde nicht nur ich, die anderen Teilnehmer waren ähnlich begeistert, wie ihr hier im Überblick nachlesen könnt.
Das Musical ist übrigens noch bis 7. Juni 2015 im Deutschen Theater in München zu sehen, danach geht es nach Linz, Frankfurt, Berlin und Hamburg, Karten bei den bekannten Verkaufsstellen.
Die Woche war wunderbar, intensiv, gefüllt mit Leben und Erleben. Ich durfte besondere Menschen kennenlernen, mich weiterbilden, habe etwas zum ersten Mal ausprobiert, vieles beobachtet, gesehen, intensiv zugehört. Und muss einmal mehr zufrieden feststellen, dass dieser Spruch so wahr ist: „Der Reichtum deines Herzens vergrößert sich mit jedem Wesen, das du darin einschließt.“ (Stefanie Brothuhn)
Ich würde sogar ergänzen: Auch wenn es nur für einen Moment ist …
Meine Einstimmung auf meinen heutigen Abend: ich darf nämlich tatsächlich dabei sein, beim #Tweetup im #DeutschenTheater #München im #ElisabethMusical, ich hoffe, es gibt viel zu berichten. Kuckt mal ab 17 Uhr bei Twitter oder Instagram vorbei, da werde ich ein paar meiner Eindrücke „live“ wiedergeben. Schau ma mal?