Manchmal hab ich abends oder am Wochenende keine Lust auf Denken, auf Lesen, auf „schwere Kost“. Mag mich einfach nur seicht berieseln lassen. Da kommen Verfilmungen von Romanen grad recht. So hab ich kürzlich einen Abend mit Charakteren aus Dora Heldts Roman „Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt“ verbracht. 3 alte Freundinnen kommen zum Geburtstag feiern in einem schicken Hotel zusammen. Alles läuft ganz anders, als erwartet.
Und da waren sie unerwartet doch. Viele weitergedachte Gedanken, über Freundschaft und wie sich diese im Lauf des Lebens gestaltet, entwickelt, stagniert, verändert. Über das Älterwerden und seine Folgen. Wechseljahre, Hitzewallungen, den Traum vom Jungbleiben und was frau so dafür tut … Und die schöne Idee, sich in unterschiedlichen Lebensphasen wieder neu aufeinander einzustellen. Und gemeinsam Ideen für die Zukunft schmieden, Projekte planen. Gefreut hab ich mich über die Filmkulisse, Heiligendamm, das Grandhotel, vor allem aber die Ostsee. Herrlich, trotz der leichten Kost. Fand meinen Abend mit leichter Filmkost einfach nur positiv. Und hab mich an einen Ostsee-Urlaub mit der besten Freundin zurückerinnert, der auch so ganz anders war, als wir uns das vorher gedacht hatten …
Die Medien berichten in diesen Tagen zum Glück nicht nur über eine uninteressante Reality-TV-Show mit unbekannten und uninteressanten Prominenten, die mich sehr gruselt. Zwischen Kriegsschauplätzen, Flugzeugabstürzen, Ebola und Ferguson lautet eine Überschrift in diesen Tagen: Jeder zweite Deutsche hat Angst vor dem Tod. Das Festhalten am Leben werde mit zunehmendem Alter geringer, die Todesangst nehme ab. Kann ich quasi aus meinem eigenen Älterwerden „belegen“. Als Kind hatte ich jahrelang eine zermürbende Angst vor dem Tod, vor der Ungewissheit: was passiert da? Mit mir? Bin das überhaupt noch ich? Was fühle ich? Tut es weh? Was kommt danach? Gibt es etwas danach – oder nicht? … Fragen, die in Kinderaugen kein Mensch verlässlich beantworten kann. Der Glaube – ans Weiterleben im Paradies? Mir ist viel zu früh klargeworden, dass es keinen stichhaltigen Beleg dafür gibt.
Einige Jahre lang hatte ich immer wieder einen richtig schlimmen Alptraum: lag lebendig begraben unter einem großen Grabstein auf meinem Grundschulhof. Und keiner hats gemerkt. In Teenagerzeiten ist mir nächtelang regelrecht die Luft weggeblieben, aus Angst vor der atomaren Gefahr, der Umweltzerstörung, der Luftverschmutzung, Aids, drohenden Kriegsgeschehen, den Auswirkungen der Moderne. Dem drohenden Kollaps. Dem Aus. Wer das Video zu Ultravox „Dancing with tears in my eyes“ kennt, weiß, dass ich mir durchaus auch romantisch überlegt habe, wie und mit wem ich meine letzten Minuten verbringen wollen würde …
Je älter ich werde, desto ruhiger bin ich. Keineswegs sicherer, keineswegs gelassen, keineswegs weniger am Leben hängend. Aber mir wird mehr und mehr klar, dass ein Leben in Angst vor dem Tod zu nichts führt.Irgendwo habe ich mal gelesen: „Nichts ist so sicher wie der Tod und nichts ist so unsicher wie das Leben.“ Und wann es vorbei ist. Tot kann kann plötzlich sein, es kann aber auch ein langer, sogar qualvoller Weg werden. Das alles wissen wir – theoretisch. Die meisten Menschen verdrängen den Tod im Alltag erstaunlich gut und umfassend – klappt nur nicht, denn Sterben lässt sich nicht vom Leben trennen.
Das ist auch der Grund, warum ich darüber schreibe. Ich bin ganz ehrlich: heute machen mich die drohenden Verluste ängstlich. Jeder Mensch, der geht, hinterlässt eine Lücke. So erkläre ich mir zumindest, warum Menschen mit zunehmendem Alter weniger Angst vor dem Sterben haben. Sie haben mehr Angst, allein zurückzubleiben?
In den 70ern war Fernsehkonsum noch besonders, Luxus. Als Kind hätte ich mich niemals getraut, das schwere Gerät einfach anzuschalten, das auf einem Sideboard im Wohnzimmer stand. Hätte ja etwas kaputtgehen können. Statt sich in jeder Werbepause durch die Programme zu zappen mussten wir zum Um- oder Ausschalten Aufstehen – Fernbedienungen, wann wurden die eigentlich zum Standard? Oft gab es tagelang kein Fernsehprogramm, oder nur die Nachrichten. Ab den 80er Jahren dann Löwenzahn, dafür hätte ich als Kind auf einiges andere verzichtet. Und eine meiner Lieblings-TV-Serien: Es war einmal der Mensch. Mit dem weisen alten Mann mit dem unglaublich langen Bart. So vieles erklärt, so einfach, so kindgerecht. Könnte ich immer noch schauen und Bauklötze staunen.
Heute schaue ich im Verhältnis viel zu viel fern – mein Fazit nach ein paar Tagen krank zu Hause: das Gerät läuft permanent. Aber es kommt nicht nur Schrott. Man entdeckt – durch Zappen bequem von er Couch aus – auch ein paar Liebhaberstücke. Serien aus den 80ern, „Mord ist ihr Hobby“ oder „Hart aber herzlich“, Sitcoms wie „Die Nanny“ oder „Familienbande“. Und meine Kult-Serie „Gilmore Girls“.
Man könnte regelrecht süchtig werden? Genau deshalb wünsch ich mir manchmal eine Pusteblume und Peter Lustig her, der am Ende einer Episode ohne erhobenen Zeigefinger erinnert: „Und jetzt – abschalten!“
Ich bekenne mich schuldig: es gibt einige Musiker, die theoretisch machen können, was sie wollen – ich werde es mit fast 100 prozentiger Sicherheit mögen. Trotzdem war ich gelinde gesagt mehr als skeptisch, als ich auf das neue TV-Format „Sing meinen Song“ aufmerksam wurde. Soll das jetzt so was wie The Voice of Germany für Profis werden …? Nun begab es sich zusätzlich, dass ich zur Folge 1 noch im Urlaub war. Kurz: Ich hab’s verpasst, und war nicht traurig. Was soll ich schon groß versäumt haben, ja, Xavier Naidoo, Gregor Meyle, Sasha, Roger Cicero – sollen durch ihre Unterschiedlichkeit doch nur für Quote sorgen … Oder?
Jetzt hab ich dummerweise zufällig die Wiederholung von Folge 2 gesehen, Thema Guano Apes Sängerin Sandra Nasic. In der Theorie meins, gute, ziemlich coole Musik – aber die anderen Stimmen im Vergleich zur Rockröhre? Können doch nur verlieren. Oder?
Was für ein voreingenommener Schnösel bin ich eigentlich? Bin nach der Sendung vom Gegenteil überzeugt: Das ist eine Gruppe sehr außergewöhnlicher Musiker, jeder unterschiedlich, aber jeder Vollblut. Die nicht imitieren, sondern den jeweiligen Song zu ihrem machen. War ziemlich grandios. War von jedem einzelnen ehrlich gesagt begeistert, sogar Volks-Rock’n’Roller Andreas Gaballier hat Lords of the boards einfach nur gerockt. Und Sasha hatte den Überraschungsmoment auf seiner Seite, Open your eyes war ziemlich ziemlich gut in seiner Version …
Hat mich an uns früher erinnert, nicht in Südafrika, ohne Fernsehkameras. Aber ein Musikerfreundeskreis, mit oder ohne Gitarre, Song egal. Jeder bringt sich, seine Stimme und seine Musikalität ein. Wie oft hatten wir Textschwächen, aber jeder hat weitergemacht. Und es war genial. Freu mich auf mehr Sing meinen Song – und bin sehr froh, dass die Mama der Patenkinder etwas loyaler und noch musikbesessener ist, als ich. Und Folge 1 aufgenommen hat. Und da ich den passenden TV-Sender nicht empfange werde ich ab sofort wohl die Online-Version oder Wiederholungen schauen …
PS: Das oben war meine Meinung – und hier könnt ihr eine andere nachlesen … Wie immer: am besten, ihr schaut entweder selber rein und bildet euch eure eigene. Oder eben nicht.