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„Tourist“ in der eigenen Stadt

In den letzten Jahren nehme ich immer öfter Angebote wahr, die durch München „führen“. Weil man als Bewohner der Stadt doch zu oft achtlos unterwegs ist. Wie toll, wenn das Auge gezielt geleitet wird und man spannende kleine Geschichten dazu erfährt.

So waren wir in unserer alten Freundinnenrunde im Sommer mit dem Nachtwächter auf seiner Runde entlang der alten Stadtmauern.

Haben gar nicht mal so viele Schritte gemacht, aber in dunkle Ecken gespäht, auf die Heimkehrer aus den Spelunken geachtet und den Geschichten bei Kerzenlicht gelauscht.

Ganz nebenbei gabs die Mondfinsternis, die man in der heute modern beleuchteten Innenstadt glatt übersehen hätte können …


Und letztes Wochenende waren wir mit der Zofe bei Hofe – wobei sie uns direkt klargemacht hat, dass sie kein niederes Dienstpersonal ist, sonst hätte sie keinerlei Zeit für tratschreiche Besucherführungen, sondern müsste der Herrschaft zu Diensten sein …

Da ich die Residenz mit „meiner persönlichen“ Führerin schon recht gut kennengelernt habe gabs für mich einige interessante Wiederholungen mit neuen Aspekten. Neu war mir, dass Casanova den Spiegelsaal der Residenz für seine amourösen Abenteuer geliebt haben soll. Und auch die Nähkästchenplaudereien über kurfürstliches Fremdgehen und die Retourkutsche der Ehefrau waren mir noch nicht bekannt. Dann wird aber auch schnell klar, dass es Zeiten gab, in denen die große Residenz quasi „voll ausgelastet“ war.

Leider schaffe ich 2019 keine Führungen im Rahmen der Residenzwoche, das hab ich mir aber für nächstes Jahr wieder felsenfest vorgenommen. Punkt. Und da war auch noch die Idee einer Stadtrundfahrt in netter Gesellschaft, das muss ich auch „irgendwann“ mal schaffen 😉

Spruch zum Wochenende: Hundert kleine Freuden

„Hundert kleine Freuden sind tausendmal mehr wert als eine große.“ (Johannes Kepler)

Die letzten Tage beherzige ich bewusst den Vorsatz, gewohnte Umgebungen mit Zeit und Aufmerksamkeit zu betrachten. Heimat wie ein Tourist erleben eben. Denn diese Minuten am Tag machen gerade um diese Jahreszeit so etwas wie täglich eine Stunde Urlaub aus. Hunderte von kleinen Freuden am Wegesrand, man muss sie nur bemerken. So wie gestern. Statt auf direktem Weg heimzufahren habe ich einen Umweg gemacht, vorbei an Feldern und Wiesen voll zartem Grün, übersät mit Schlüsselblumen, Löwenzahn, Veilchen, Buschwindröschen… Auf den Bäumen der Schimmer der weißen und rosa Blüten. Über den Seen hing schon die warme Abendsonne, darauf schaukelnde Boote. Tempo raus, Augen auf. Und alles tief in die Seele aufnehmen. Schließlich ist meine letzte Reise etwas her, gerade sind die freien Tage meines Lebens vollgepackt mit viel Arbeiten zu Hause. Meistens find ich das ja toll, aber so hin und wieder … Da kommt dieses Fernweh auf. Dieses unkalkulierbare Ding, das von fernen Orten träumt, von kulinarischen, exotischen Genüssen, von fremden Menschen, anderen Gewohnheiten. Von Architektur, Pflanzen, Landschaften, Eindrücken, Kultur, Tradition, Musik, … Und dazwischen mischen sich Erinnerungen an die Tage unterwegs. Bilder in meinem Kopf. Hach. Weil ich vermute, dass es noch etwas dauert, bis ich wieder planen kann, baue ich mir meine kleine Auszeit wo immer möglich in den Alltag ein. Ich lebe schließlichlich da, wo andere Urlaub machen. Und laut einem bekannten Politiker ist „Bayern die Vorstufe zum Paradies“ …

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Meine Antwort auf Doreens Frage: Hilfe ich habe Fernsucht! „Was tust du, wenn die Wartezeit bis zur nächsten Reise noch lang ist?“