Wenn man mit grippalem Infekt zu Hause rum liegt langweilt man sich schnell, außer dem Bücherregal, neuen Blogposts und TV-Programm gibts grad nicht so sehr viel Abwechslung. Dafür durfte ich gestern gefühlt fast live das Outing eines ehemaligen Bundesliga- und Nationalspielers miterleben. Ein großer Tag. Für den deutschen Fußball. Und für die Gesellschaft. Ich freu mich sehr über die vielen positiven Reaktionen. Immerhin ist es der erste männliche deutsche Fußballprofi, der sich outet. Der damit, glaubt man den Medien, eine Lawine lostritt. Wirklich? Das bleibt abzuwarten. Jetzt ist das Thema raus. Zu einem sehr guten Zeitpunkt für die öffentliche Wahrnehmung. Das ist aber mit vielen wichtigen Themen so. Sie bestimmen die Schlagzeilen. Manchmal Tage. Manchmal Wochen. Und geraten danach wieder in Vergessenheit. Beziehungsweise ist es ja in diesem Fall eher so, dass es für eine Mehrheit der öffentlichen Wahrnehmung ohnehin eben kein Thema, vollkommen normal, nicht der Worte wert ist. Denn wir leben in der Überzeugung, dass jeder Mensch so leben soll und darf, wie er es möchte. Ob in einer Beziehung mit dem Partner für den man sich entschieden hat, ob ohne, ob mit Kindern oder ohne.
Ist es das nicht? Theorie und Praxis sind nicht für jeden Menschen identisch. Jeder kann in der Theorie leben, wie er möchte. In der Praxis gibt es einen Grund, warum ein Outing auch im Jahr 2013 nicht selbstverständlich und vor allem nicht einfach ist. Ich bewundere Thomas Hitzlspergers Mut, habe aber mehr als Verständnis, dass er sich professionelle Hilfe holt, dass eine PR-Agentur seine Öffentlichkeitsarbeit übernimmt. Auch wenn der Schritt wohlüberlegt und der Wunsch nachvollziehbar, als Mann mit einem Mann auch öffentlich Zusammenleben zu wollen, auch wenn jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Andere mit Vorbereitung über eigene Emotionen und Gefühle sprechen zu lassen ist ein Selbstschutz. Um nicht zu viel aus dem Privatleben auszuplaudern. Was man später bereuen könnte. Dazu gibt es Homophobie, die man nicht einfach außen vor lassen sollte. Sie ist genauso da wie Normalität und Toleranz. Und braucht genauso Beachtung und Zeit zur Reflexion.