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Glückspilz-Momente (8): Generalprobe

Ich habe ja schon verraten, dass ein Projekt 2017 sein wird, meine Stimme wieder zu bilden. Seit Wochen nutze ich die Zeit im Auto auf dem täglichen Arbeitsweg, um mit Gesangsübungen zu trainieren. 

Dann hatte, wie es der Zufall will, ein „befreundeter“ Chor gestern ein großes Konzert zum runden Jubiläum angesetzt. Vor Ostern meldete sich der Chorleiter bei mir, um anzufragen, ob ich  mitwirken wolle – und ich habe ohne Zögern zugesagt. Habe das gestrige Knzert als willkommene Generalprobe genutzt, als Test, ob die Stimme hält …

Ganz schön gewagt, nach doch mehreren Jahren ohne jegliche Übung …?

Aber unter Druck klappt bei mir ja meistens am besten. Dachte ich so. Freitag vor einer Woche war die erste gemeinsame Probe, die war ganz ok, aber ich habe gemerkt, dass die Noten noch nicht saßen. Die Generalprobe letzten Freitag war perfekt … und auch das Konzert gestern war stimmlich gut, da kam dann aber mein alter Faktor Aufregung dazu. Sehr viel Nervosität, zu spät geschluckt, musste viel zu schnell nach dem Einsatz und insgesamt zu oft Nachatmen. 

Aber: ich bin zufrieden. Generalprobe gut, Stimme da. Jetzt kann die Planung für die Hochzeit des kleinen Bruders so richtig losgehen …

Und dann war der Abend gestern überraschend für mich auch sehr besonders. Obwohl ich in dem Chor immer nur ausgeholfen habe: in den 30 Jahren Chorgeschichte singe ich seit 22 Jahren regelmäßig unregelmäßig mit. Mit wenigen Ausnahmen kenne ich alle, habe mich sehr über die schönen Worte füreinander gefreit, die Wertschätzung, die Anerkennung, die kleinen Überraschungen – ich bin ein wahrer Glückspilz, dass ich ein winziges Stück daran teilhaben darf.

Und wie ich schon öfter beschrieben habe: Musik ist dann am schönsten, wenn man sie gemeinsam macht. Einer allein ist gut, wenn sich andere dazugesellen, entsteht Harmonie. Auch in diesem Chor hat sich aus dem Kinderchor eine Solistin entwickelt. Sie hat weitergemacht, Gesang studiert, lebt wieder in der Heimat und gehört bis heute fest dazu. Ich genieße sehr, mit ihr singen zu dürfen – und darf behaupten, dass unser gestriges Duett ein Höhepunkt des Konzerts war. Ein großer Glückspilzmoment, der unbedingt festgehalten werden muss.

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Ein Beitrag zu den Glückspilz-Momenten im Juni 2017. Danke an die Initiatorinnen Petra, Maire und Mel für den schönen Impuls, Glückspilz-Momente in dieser so treffenden Rubrik festhalten zu dürfen.

Das mit dem Stolz

Ich habe eine Freundin. Seit 1999. Wir haben uns in einer sehr intensiven Zeit kennengelernt. Unsere Freundschaft ist mal enger, mal weniger eng. Aber unsere Verbindung hält. Ein Bindeglied ist ganz sicher die Musik, die uns immer wieder einen Anlass für gemeinsames Erleben schenkt. So wie gestern abend, ich durfte im Publikum sitzen, während sie mit ihrem Acapella-Chor aufgetreten ist. Fast 3 Stunden, Haindling, Münchner Freiheit, Queen, Revolverheld, Michael Jackson und die von mir sehr geschätze Ina Müller waren da unter anderem zu hören. Für mich schon fast legendär das  Arrangement eines bairischen Volkslieds, das die bezaubernde Nichte auswendig kann, weil ihre Mama ihr das vorsingt, seit sie auf der Welt ist: „Springt da Hirsch übern Bach, brockt si drei driedoppelte schene, greane, braune Brombeerblätterbladl ob von da Staudn. Sagt da Hirsch, des is a Mo, der si drei driedoppelte, schene, greane, braune Brombeerblätterbladl obbrocka ko.“ Ohne ein einziges Instrument, lebendig dargebracht von knapp 30 Sängern. Wie alles andere, was sich an diesem Abend sicher nicht immer so anhörte, wie viele es kennen.

Besonders für mich aber war der Moment, in dem ich seit vielen Jahren mal wieder die Stimme dieser Freundin solistisch hören durfte, zu „Turning Tables“ von Adele. Nicht leicht, das zu singen, umso größer meine Gänsehaut, denn es war ein perfekter musikalischer Moment. Und wie schön, dass ihre ganze Familie dabei war. Eltern, alle Geschwister, auch der Bruder, der sein Leben jetzt so weit von zu Hause lebt, alle Nichten und der Neffe. Ihre gerade 14 gewordene Tochter. Eigentlich jeder aus dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist. Und so viele Bekannte. Was war ich stolz, über das viele Lob, das sie bekommen hat. Sie so strahlen zu sehen, zu wissen, wie sehr sie die Musik liebt …

Wie hab ich mich über ihre strahlenden Eltern gefreut, so stolz auf die gelungene Aufführung im neu erbauten Bürgerhaus der Feuerwehr, das bis zum letzten Platz ausverkauft war. Was hab ich mich gefreut, als ihr zweiter Bruder, der tagsüber einen Termin am Starnberger See hatte, pünktlich nach der Pause kam und belagert von seinen 3 Mädels den zweiten Konzertteil genießen konnte. An ihrer Seite im Chor die große Schwester, die zwei hört man stimmlich so was von raus. Und die Bühnenpräsenz haben sie geerbt, ganz klar. Was für eine wunderbare Musikerfamilie das ist.

Und wie schade, dass ihr Mann das nie mit erlebt. Er fehlt. Oder auch nicht. Das ist jetzt eine Frage der Sichtweise, denn wer weiß, ob es ihr nicht die Freude trüben würde, wenn er dabei wäre, aber wie schon früher völlig verständnislos neben ihr stehen würde. Und zum baldigen Heimgehen drängen würde. Nein, ohne ihn kann sie nach einem gelungenen Konzert bleiben, mit den anderen Musikern zusammensitzen, lachen.