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Spruch zum Wochenende: 2. Advent

Gestern Abend war ich mehr als glücklich – eineinhalb Stunden eintauchen in Weihnachtslieder, bekannte Weisen, aber doch ganz anders. Was Luz Amoi bei ihren Adventskonzerten musikalisch macht, lässt sich nicht beschreiben, muss man erlebt haben. Es macht auf alle Fälle ruhig, die Atmosphäre in der Münchner Mariahilfkirche kann man nur mit andächtiger Stille in dieser grandiosen Akustik bezeichnen. Wie laut und leise sich abwechseln, wie alle diese Instrumente und Stimmen zu Weltmusik verschmelzen – das war einfach nur großartig. Sehr stimmig die Texte, Stefan schildert seine eigenen Kindheitserinnerungen, in denen die Vorweihnachtszeit einen familiären Zauber hatte. Er spricht vom Frieden der Weihnachtszeit, von Vorbereitungen und Erlebnissen, Hektik und dem dringlichen Bedürfnis zur Ruhe zu kommen. Er schafft es, seine Zuhörer auch mit Worten mitzunehmen – gestern zum ersten Mal bewusst gehört und als Spruch für dieses 2. Adventswochenende mitgenommen:

„Eines lass mich behalten, den Blick in deine Sterne, dass ich das Händefalten nicht ganz verlerne.
Wenn ich dich nicht sehe, mach mein Vertrauen groß, wenn ich dich manchmal so gar nicht verstehe, lass du mich – bittschön – mein Gott nicht los!
Des Lebens und des Leidens Wellen schlagen immer höher heran; wie sollte der Mensch das ertragen, wenn er nicht mehr glauben, nicht mehr beten kann?
Drum eines lass mich behalten, den Blick in deine Sterne, dass ich das Händefalten, Hoffen und Staunen nicht ganz verlerne.“ (Rainer Maria Rilke)

„Weihnachten hat so eine Unaufhaltsamkeit im Näherkommen“

Wohl wahr, dieser lange Satz:

„… denn Weihnachten hat so eine Unaufhaltsamkeit im Näherkommen. Bei diesem Fest merkt man’s besonders, wie das Tempo der Welt nicht mehr auf es Rücksicht nehmen mag, so ein Fest hat langsam zu kommen, wie damals als man Kind war, da zählte man und wartete und es war trotzdem noch weit, das gehört dazu, dieser langsame Advent, nun rast man im Lebens-Schnellzug darauf zu, hält an keiner Station, und es ist nichtmal sicher, daß man in ‘Weihnachten’ halten wird, drei Minuten vielleicht – und weiter auf die große Stadt Neujahr zu, wo’s endlich ein kleines Aussteigen giebt und Händewaschen.“

(geschrieben von Rainer Maria Rilke in einem Brief an Nanny Wunderly-Volkart, am 15. Dezember 1922)