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Das mit der Angst

Es gibt Gedankengänge und Themen, die Kinder bewegen, da weiß man als Erwachsener Null, wie man sich verhalten soll. Muss man, darf man, kann man, soll man sogar …? So ein unsicheres Terrain ist die Angst, sind die Furcht und das maßlose Leid meines großen Patenkindes. Anstatt den Moment zu genießen durchlebt er Trauer. Weil der Moment flüchtig ist, vergehen wird. Er würde gern festhalten, schöne Dinge für die Ewigkeit haben. Und ihn bewegt dabei etwas, das nur schwer zu verstehen oder gar nachvollziehbar geschweige denn vorhersehbar ist, denn vor lauter Angst davor, dass es bald vorbei ist, überkommt ihn die Trauer mitten im Schönen. Und macht das Schöne zunichte. Nicht nur für ihn, sondern auch für die Menschen, die den Augenblick mit ihm teilen. Ihm zerreißt es das Herz, er leidet, sehr tief, und ihn so zu sehen ist herzzerreißend …

Am schlimmsten ist, dass er mit seinen noch nicht mal 10 Jahren Angst vor dem Vergessen hat. Er will sich an alles erinnern. Und was sagt man darauf? Wie kann man ihn ermutigen, ihm klarmachen, dass er erleben muss, um sich überhaupt erinnern zu können? Er war an diesem Wochenende vielfach so traurig, dass es mir Angst gemacht hat, ihn so zu sehen. Aber wenigstens für einen Teil seiner Ängste haben wir gemeinsam einen Weg gefunden. Er hat begonnen, Tagebuch zu schreiben. Ab sofort wird er, statt traurig zu sitzen und im Leid versinken, einen Stift nehmen, um aufzuschreiben, was ihn glücklich gemacht hat. Um genau dieses nicht zu vergessen, es später nachlesen zu können. Ich hoffe, das tut er auch.

Und ich hab ihm erklärt, dass auch ich mit diesem Blog begonnen habe, um einen Ort für unsere gemeinsamen Erinnerungen zu schaffen, damit sie nicht vergessen werden. Für später, wenn andere Erinnerungen dazugekommen sind, viele kleine, viele große. Und wer weiß, was dann im Gedächtnis haften blieb? Auch das hat ihm ein kleines bisschen Hoffnung und Zuversicht geschenkt (und ich hab von ihm einmal mehr die Bitte und den Auftrag, das weiterhin zu machen, also den Blog auch für ihn weiterzuführen, „auch wenn da mal was Peinliches stehen sollte“. Gut, genau das will ich nicht, aber trotzdem gut, dass wir mal wieder drüber gesprochen haben). Und ich hoffe so sehr, dass er seinen Weg findet, damit er die Freude des Augenblicks erlebt.

Traurigkeit bei Kindern ist nichts, was sie allein meistern können. Auch wenn man als Erwachsener sehr hilflos ist, bin ich überzeugt, dass man nicht wegsehen darf. Sondern umarmen, trösten, da sein und helfen muss, mit Liebe, Zuversicht und Sicherheit … Und unter Umständen auch Unterstützung suchen muss. Denn hinter einer Traurigkeit kann sich auch eine Depression zeigen, ich habe diesen Arikel sehr gründlich gelesen, vor allem diesen Absatz:

„Kleine Kinder drücken ihre Gefühle eher durch Verhalten als durch Worte aus. Statt in den klassischen Symptomen wie Niedergeschlagenheit oder Antriebslosigkeit, zeigt sich eine Depression bei Kindern manchmal in Form von Wutausbrüchen, starkem Weinen oder ständigem Anklammern an die Eltern. Erschwerend kommt hinzu, dass vor allem die Kleinsten eine Depression als „Bauchweh“ oder „Kopfweh“ beschreiben, weil ihnen noch die Fähigkeit fehlt, Niedergeschlagenheit zu benennen. Eltern und Ärzte geraten damit auf eine vollkommen falsche Fährte. Je älter die Kinder sind, desto mehr entsprechen ihre Symptome denen von Erwachsenen. Doch auch bei Jugendlichen gilt es gut zu differenzieren. Denn in der Pubertät können Traurigkeit und Verzweiflung Teile einer normalen Entwicklung sein, die nach einiger Zeit wieder verschwinden. Dennoch müssen sie ernst genommen werden.“

Das mit dem Hungern

Heute ist Welternährungstag – auch Welthungertag genannt. Denn viel zu viele Menschen leiden Hunger … Millionen kämpfen um ihr Überleben. Kinder sind unter- oder mangelernährt. Auf meinem Heimweg Sonntag war ich sehr stolz, dass meine Patenkinder sich für einen guten Zweck nicht nur interessieren, sondern sogar engagieren. Weil es nämlich nicht selbstverständlich ist, dass sie sich Gedanken machen. Versuchen, etwas von ihrem eigenen guten Leben zu teilen.

Direkt neben unserem Wohlstand existiert Not, können sich Menschen nicht leisten, ihren Hunger zu stillen. Ob nah, ob fern von unserem Alltag. Überfluss bzw. Elend ist Zufall. Nichts ist selbstverständlich. Jeder, der genug hat, kann nur bei sich selbst anfangen, etwas zu verändern. Achtsamer sein. Beim Einkaufen, beim Essen. Geben, wenn man kann. Hinschauen, bei anderen. Schadet es, sich das hin und wieder bewusst zu machen? Und dankbar zu sein? Meine Meinung: tut manchmal sogar richtig gut. Werde ich vielleicht beim nächsten Mal ins Spiel bringen, wenn eines der Patenkinder beim Essen motzt und nölt …?

Spruch zum Wochenende: Urteilen

„Bevor du urteilen willst über mich und mein Leben, ziehe meine Schuhe an und laufe meinen Weg, durchlaufe die Straßen, Berge und Täler, fühle die Tränen, erlebe den Schmerz und die Freude, durchlaufe die Jahre, die ich ging, stolpere über jeden Stein, über den ich gestolpert bin, stehe immer wieder auf und gehe genau die selbe Strecke weiter… Genau wie ich es tat. Erst dann kannst du über mich urteilen.“

(Persisches Sprichwort)

In dem Spruch steckt so viel Wahrheit: wie oft wir Menschen etwas be- oder sogar verurteilen. Und in der Tat: man kann immer nur das eigene Bild als Maßstab ansetzen. Ich für meinen Teil gelobe Besserung und versuche, das Gelesene zu verinnerlichen und mich mit Urteilen SEHR zurückzuhalten.!

Spruch zum Wochenende

Eben hatte ich einen Anruf. Der nicht für mich gedacht war. Ich war nicht der gewünschte Ansprechpartner. Auch habe ich die Erwartung des Anrufers schlicht nicht erfüllt. Dabei wollte der jammern, sich auskotzen, mir seine Geschichte erzählen, wollte Mitleid, Emotion, Hilfe. Und bekanntermaßen bin ich Gutmensch, habe zugehört. Hatte ein offenes Ohr, habe versucht, mich in die Situation zu versetzen.

Nur gabs dann diesen Wende-Punkt im Gespräch:

Ich: Ich verstehe Sie gut, nur kann ich Ihnen nicht weiterhelfen.

Anrufer: Das erleb ich immer, dabei hab ich mich jetzt so bemüht, Ihnen meine Probleme zu erklären. Und ich kann doch auch nichts dafür, dass ich so viele Probleme hab und mir glaubt ja keiner und kein Arzt will mich mehr untersuchen und alle meinen, ich soll in die Klapse.

Ich: Ich verstehe Ihre Probleme, aber ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Wenn ich Ihnen etwas raten darf: Sprechen Sie mit X.

Anrufer: Neinneinein, das bringt ja alles nichts. Das habe ich alles schon versucht, aber wissen Sie, ich kann so schwer sprechen, das fällt mir mit meinen ganzen Problemen einfach schwer. Meist schaffe ich keine Minute …

Ah. Wenn mir das jemand nach fast 15 Minuten Telefonat quasi ans Ohr knallt, dann fühle ich mich – bei allem Mitleid, falls die Geschichte dahinter wahr ist – einfach und schlicht verarscht. Und alles nur, weil ich heute der Notdienst zwischen den Jahren bin, was ansonsten echt toll ist und viel Ruhe mit sich bringt? Hm.

Dieser Situation widme ich in jedem Fall meinen Spruch zum Wochenende, weils so gut passt: „Es gibt viel Unglück auf Erden – wer zweifelt daran? – aber die Hälfte davon zimmern sich doch die Menschen selbst mit großer Mühe zusammen.“ (Ludwig Tieck) Also zumindest die, denen es besser geht, als sie sich selbst eingestehen wollen? Egoismus ist ok, aber nicht, wenn man zufällig und wahllos seinen Müll ablädt. Nein, finde ich nicht in Ordnung. Und Punkt.

Euch allen ein schönes Wochenende