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Momentaufnahmen #18

Die aktuelle Frage von Aequtitas et Veritas lautet: Was empfindest du bei dem Gedanken, dass du deiner Arbeit vielleicht noch 10, 20 oder 30 Jahre nachgehen sollst/musst/darfst?

Ich könnte sehr kurz und knapp mit „Vorfreude“ antworten. Denn das ist die am meisten vorherrschende Emotion. Auch ein bisschen Ehrfurcht, schließlich hab ich noch etwa die Hälfte vor mir. Und wenn die genauso spannend und abwechslungsreich sind: wow!

Vor allem bin ich dankbar, dass sich meine Entscheidung, die Branche zu wechseln, als gut und richtig erwiesen hat. Ich darf wieder lernen, habe weniger Routinen, weniger Druck und vor allem weniger Abgestumpftheit um mich. Ich mag es, dass ich mehr Bodenständigkeit und vor allem nachhaltiges Denken um mich habe. Und genieße sehr, in einem Kollegenkreis aufgenommen worden zu sein, in dem man miteinander arbeitet und nicht gegeneinander.

Was ich mir für diese kommenden Jahrzehnte wünschen würde ist, dass es weniger um Profit und Entwicklung geht, mehr um Balance und Erhalt des Bestehenden. Die letzten Monate haben uns allen eigentlich gezeigt, dass das, was war, alles andere als gesund war. Etwas weniger würde den meisten von uns gut reichen. Es gibt Modelle, die mit weniger Arbeitsstunden und gleichem Gehalt bessere Ergebnisse erzielen … vielleicht auch das eine Idee, die an der ein oder anderen Stelle angesetzt werden kann.

Ja, mir ist bewusst, dass das Rad nicht zurückgedreht werden kann. Aber gerade entwickelt meine Altersguppe deutliche Symptome von Überlastung – ich finde, wir sollten noch sehr viele gesunde Jahre vor uns haben. Und nicht durch Überlastung zu früh „gehen müssen“ (egal, wie das jetzt interpretiert wird).

Ich habe noch etwa die Hälfte meines Arbeitslebens, vor allem aber auch hoffentlich meines Lebens vor mir. Und da ist viel positive Vorfreude. Und das Wissen, dass ich notfalls auch meine jetzige berufliche Herausforderung wechseln kann und etwas ganz anderes tun, damit mein Leben lebenswert bleibt …

Erwachsensein wird vollkommen überbewertet

Eine meiner gern gesehenen TV-Serien ist Grey’s Anatomy. Leider muss ich immer wieder feststellen, dass ich ganz bestimmt nicht jede Folge gesehen habe, denn so oft erkenne ich zwar die Darsteller, kann mit der Situation oder der aktuellen Gefühlswelt, gar mit den Paarkonstellationen nichts anfangen. So auch kürzlich, als ich viel zu spät abends nach Hause gekommen bin und auf irgendeinem Sender irgendeine Folge gesehen habe. Meredith sinniert über die unbeschwerte Kindheit – im Verhältnis zu den komplexen Zuständen des Erwachsenenlebens. Und vor allem dem Thema Verantwortung.

„Wisst ihr noch, wie man sich als Kind endlos Gedanken darüber gemacht hat, ob man zum Geburtstag das Fahrrad bekommt, oder warum man eigentlich keine Kekse zum Frühstück essen darf? Das Erwachsensein wird vollkommen überbewertet. Ganz im Ernst: Lasst euch nicht von den schicken Schuhen täuschen und dem tollen Sex und davon, dass keine Eltern da sind, die einem Vorschriften machen. Erwachsensein bedeutet, Verantwortung zu tragen. Verantwortung zu tragen, das macht echt keinen Spaß. Es macht ganz und gar keinen Spaß. Erwachsene müssen irgendwohin gehen und Dinge erledigen, ihren Lebensunterhalt verdienen und Miete bezahlen. […] Dagegen klingen Fahrräder und Kekse doch ganz schön gut, oder? Wirklich Angst mach einem Verantwortung, wenn man einen Fehler macht, wenn man einen Moment lang nachlässig war. Verantwortung tragen – ich sag ja: Es macht keinen Spaß. Wenn man über das Alter von Zahnspangen und den ersten Büstenhalter hinaus ist, hört das mit der Verantwortung leider nicht mehr auf. Man kommt nicht daran vorbei. Entweder zwingt uns jemand, dass wir uns ihr stellen, oder wir müssen mit den Konsequenzen leben. Und dennoch – das Erwachsensein hat auch seine kleinen Vorteile. Und ich meine die Schuhe, den Sex, die Tatsache, dass keine Eltern da sind, die einem Vorschriften machen. Das ist echt verdammt gut!“ (Quelle)

Und ich kann dem nur hinzufügen: so ist es. Wie schnell wollten wir alle erwachsen sein? Ich vor allem. Um Verantwortung zu übernehmen? Ganz sicher nicht. Also schon, um für mich selbst entscheiden zu können. Aber nur dafür. Gesunder Egoismus und so. Und dann merken wir: als Erwachsene tragen wir immer Verantwortung. Nicht nur für uns selbst. Sondern manchmal für ein klein wenig mehr. Manchmal fühlen wir uns sogar, als ob die Last der Welt auf unseren Schultern ruht? Etwas mehr Kindsein dürfen, etwas weniger Verantwortung tragen. Wär doch schon ganz schön! Auf Kekse kann ich verzichten, Fahrrad hätt ich gern, kauf ich mir einfach. Genau wie Schuhe. Und das mit dem Sex so …? Ok, die Balance ist nicht einfach, denn in der Hinsicht muss ich sagen: so vollkommen überbewertet ist Erwachsensein vielleicht doch nicht …