Mit Growing pains hat Birdy gestern ihren Konzertabend in der Muffathalle eröffnet. Ohne spektakuläre Show: sie kommt auf die Bühne, setzt sich ans Klavier, spielt und singt. Und man muss sie nicht sehen. Man darf sie fühlen. Ihre Stimme hat die Muffathalle problemlos gefüllt. Die tiefen wie die hohen Töne, die leisen Stellen wie die lauten gingen ganz tief. People help the people, ein echter Gänsehautmoment. Und wenn man nichts sieht, dann hört man noch genauer hin, lässt die Worte auf sich wirken, spürt die Akkorde. Wie leicht diese junge Musikerin Text und Musik miteinander verschmilzt. Auch die neuen Stücke von Beautiful lies sind ganz ihre eigene Musikwelt. Zwischen den Stücken immer wieder ein fast gehauchtes „Thank you“, keine Moderation, keine Erklärungen. Hört mir zu, hört meine Musik, dann wisst ihr, warum ich hier bin. Und als letzte Zugabe Skinny Love – ein Herzmoment. Insgesamt hätte ich gestern Abend gerne den Opernkritiker gespielt, wäre so unwahrscheinlich gerne in der Partitur versunken, hätte gerne mitgelesen, gesehen, was da „gezaubert wird. Ein sehr berührender Abend, musikalisch gesehen.
Gerne hätte ich euch an dieser Stelle ein paar stimmungsvolle Bilder vom gestrigen Abend mitgebracht. War mir nur nicht möglich, weil sich genau vor mir Männer jenseits der 1,90 Metergrenze aufgebaut haben. Viele. Kann ich verstehen, die wollten schließlich „auch“ was sehen. Zeitweise wollte ich auch den Herrn vor mir bitten, mir eine seiner unzähligen – jedes einzelne mit grellem Blitzlicht – aufgenommenen Aufnahmen abzugeben. Allerdings meine ich bemerkt zu haben, dass er von den 100+ wahrscheinlich kein einziges scharf bekommen hat. Am schönsten für uns kleine Mädels im hinteren Hallendrittel dann zu beobachten, dass es sogar Konzertbesucher gibt, die sich über die 1,90-Männer-Mauer erheben: eine Dame hat sich nämlich auf die Schultern nehmen lassen. Damit denen von hinten die letzte Chance auf einen Blick auf die Bühne verbaut. Aber sie hat doch so sehr gehofft, dass Birdy sie winken und ihre Musik aufnehmen sieht … Sarkasmus aus.
Und leider, leider muss ich noch ein paar Eindrücke aufschreiben, deshalb auch der Titel „Growing pains“: Schade, dass es Konzertbesucher gibt, die sich nur für sich interessieren. Denen die anderen Konzertbesucher und deren Interessen sehr egal sind. Die vielleicht nicht so begeistert sind. Oder oder oder. Wir haben nichts gesehen, das ist ok. Wir mussten vielmals ausweichen, weil Menschen auf der Suche nach der besseren Sicht gewandert sind, das ist ok. Wir wurden übersehen, gestoßen und getreten. Das ist nicht ok. Als die Ordner vorne zwei Mädels raus holen mussten, die offensichtlich umgekippt sind, wurde es hinter uns laut. Minutenlang. So laut, dass die wunderbare Musik nicht mehr zu hören war. Das ist nicht ok. Wenn ihr früher gehen, die Zugaben nicht abwarten und eure Becher abgeben wollt und und und: tut das, aber nehmt Rücksicht auf die, die ein Konzert gerne bis zum Ende hören. Und dem Künstler den verdienten Schlussapplaus geben. Die haben ihre Tickets gekauft, um zu genießen. Stört sie nicht dabei … Ok?
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