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3 Tage in Krakau

Wer wie ich mittelalterliche Städte liebt, der wird Krakau mögen. Die Altstadt ist nicht ohne Grund UNESCO-Kulturerbe. Die Polen sind zu Recht stolz auf die schönen alten Bauten, den großen Marktplatz, die vielen Museen! Kirchen, die Burg Wawel. In der Altstadt und im angrenzenden jüdischen Viertel Kaszimierz kann man problemlos alles zu Fuß erlaufen, nett ist eine Kutschfahrt in den auf Hochglanz polierten weißen Kutschen, die am Marktplatz abfahrbereit stehen. Der Sinn eines elektrobetriebenen Fahrzeugs namens Melek, das durch die Stadt chauffiert, die Fahrer spielen zu den jeweiligen Sehenswürdigkeiten Ansagen vom Band ein, hat sich mir nicht erschlossen – mag sein, dass es sich an all jene richtet, die nicht gern zu Fuß unterwegs sind?

Um Burg Wawel wirklich gesehen zu haben braucht man mehrere Tage, wir durften ein paar Einblicke werfen, fotografieren ist im Inneren verboten. Schade, dass wir den Ausblick durch dicke Wolken nicht erlebt haben, oft sieht man weit, bis in die Berge. Wir haben überall Führungen bekommen, davon möchte ich abraten. Leider sind die Guides nicht deutschsprachig, das Englisch war mit wenigen Ausnahmen schwer verständlich, sehr schnell, sehr hart, gespickt mit Ausdrücken, die nicht zwingend aussagen, um was es geht.

Das Schindler-Museum haben wir deshalb zweimal besucht, beim ersten Mal hatte ich das Gefühl, viel zu schnell durchgeschleust worden zu sein. Kein Verweilen möglich, kein sich in die Emotion fallen lassen. Und ihr könnt euch vorstellen, dass es viele Gefühle sind, die in den nachgestellten Szenen des Krakauer Ghetto hochkommen …

Wunderschön war unser Ausflug in die Salzmine Wieliszk. Nur muss man wissen, dass man erst mal etwa 400 Treppenstufen in etwa hundert Meter Tiefe hinabsteigt, um frühestens 3 Stunden später wieder das Tageslicht zu erblicken. Nix für Menschen mit Platzangst. Die Geschichte des Salz ist beeindruckend, die unzähligen Schächte sind ein Labyrinth, hier darf niemand auf eigene Faist unterwegs sein. Ich habe die Kunst unter Tage bewundert, die vielgerühmte Kinga-Kapelle ist wirklich ein Meisterwerk, ich habe Salzwasser mit mehr als 30 Prozent Salzanteil gekostet und Salz von der Wand gekratzt. Der kurze Angstmoment beim Hochfahren in einem engen Aufzug der Arbeiter wurde zum Glück durch eine Schulklasse, die im zweiten Aufzug juchzte und kicherte vollkommen ausgeschaltet, Danke dafür.

Ich kann Krakau in der Vorweihnachtszeit aus vollem Herzen empfehlen, der Weihnachtsmarkt ist natürlich kommerziell, aber zuckersüß. Immerhin an einem Stand habe ich vegetarische Angebore entdeckt, sonst war das Essensangebot durchaus fleischlastig, wobei der sogenannte Räucherkäse ganze Stände füllt …

Fortsetzung folgt, falls mir noch was einfällt, denn die Eindrücke waren so vielfältig ☺️

Nova Huta

Ich war vor Jahren schon mal in Krakau, beruflich. In Erinnerung geblieben war mir der alte Marktplatz mit unzähligen Pferdekutschen und ein komplett in Pink gehaltenes Restaurant. Nicht zu vergessen die Begeisterung meiner Kollegen, die damals für längere Zeit in diese Stadt gingen, um ein Outsourcing-Projekt zu begleiten. In der Studentenstadt sind viele junge Menschen, motiviert, engagiert. Mit zweien von ihnen durfte ich in dieser Woche eine „Crazy Tour“ erleben. Das Unternehmen Crazy Guides zeigt die Seiten von Krakau, die zur Historie der vergangenen 100 Jahre gehören, Sozialismus, 2. Weltkrieg – man kann aber auch einfach einen persönlichen Partybegleiter zum Clubbing mieten.

Im Trabi fuhr uns Kataryna, 22,  -die 26 PS des grünen Qualitätsprodukts der DDR voll ausnutzend (für das es übrigens kein passendes Benzingemisch mehr gibt, Mixen die Mädels an der Tankstelle selbst, weil auch die Tankanzeige nie stimmt besser einmal zu oft…) – in die Eisenhütten-Vorstadt Nova Huta. Was für ein Kontrast, die Herren Kommunisten haben sich 1949 an der Größe und Weite von Paris orientiert, imposante Plätze, Prachtbauten, breite Straßen. Die Architekten hatten den klaren Auftrag, sich vom historisch gewachsenen Krakau abzusetzen. In einer Arbeiterwohnng mit Orginaleinrichtung zeigt ein Propagandafilm, wie die Menschen für ein Leben in Nova Huta begeistert werden sollten, eine erfüllte Arbeit, zunächst im Aufbau, später in den Eisenhütten sollte vor allem junge Menschen anlocken. Hat zunächst geklappt, die Werke füllten sich wie die Wohnungen.

Von Anfang an wurden die Öfen der Werke voll beheizt, auf historischen Fotos sieht man, wie viel Dreck durch die hohen Kamine in den Himmel geblasen wurden, zurückgeblieben ist nicht nur die Umweltverschmutzung, der Dreck hat die einst sandsteinfarbenen Fassaden graubraun eingefärbt. Selbst helles Sonnenlicht bringt die Häuser nicht zum Strahlen. Kein Wunder, dass in diesem Umfeld Widerspruch und Aufstand gegen das sozialistische Regime offene Türen fand.

Heute ist es ein aussterbender Stadtteil, langsam siedeln sich junge Familien an, denn es ist eine günstige Wohngegend. Nur veraltete Restaurants und Kantinen, sogenannte Milchbars, aus sozialistischer Zeit sind geblieben. In der Zeit stehengeblieben, vom Mobiliar über die Bedienung, Essen und Trinken hat sich angepasst, nicht die Preise, die sind immer noch für Arbeiter. Bislang gibt es keine Bars oder Clubs – aber unsere Guides sind sicher: so in 10 Jahren wird Nova Huta „in“ werden …