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Händewaschen

Die bezaubernde Nichte ist hin und wieder, was man in Bayern ein „Gscheidhaferl“ nennt. Mit ihren noch nicht ganz 3 Jahren erklärt sie mir kürzlich besserwisserisch, dass sie sich beim Händewaschen die Hände viel besser, gründlicher und überhaupt einseift als ich, „das hat mir nämlich meine Mama so gezeigt“. Hm, also das mit viel Seife nehmen und ganz gründlich einseifen und sich auch noch ganz lang Zeit dafür nehmen hat sie ehrlich gesagt von mir. Hab ich mir Anfang des Jahres einen Spaß draus gemacht und ihr gesagt, dass sie sich eeeeeeewwwiiiig einseifen und dann auch ganz lang die Seife wieder abspülen muss. Denn nur so seien die Hände auch richtig sauber. Klar, Tanten sehen ihre Nichte ja nicht so oft und haben dann ewig Zeit und eine Engelsgeduld. Aber dass das so zu mir zurückkommen könnte – damit hab ich nun wirklich nicht gerechnet. Lehrstunde für die Tante 😉

Kinderlogik zur Fastenzeit

Als Kind hab ich mir die Welt einfach selbst so zurechtgelegt, dass es für mich Sinn gemacht hat. Das hatte gar nichts damit zu tun, dass ich nicht schon als Kind so lange nachgefragt hätte, bis ich etwas verstehen konnte – aber manchmal, und das ist heute immer noch so, gibts einfach keine passende Begründung, also zumindest keine, die man mit Kinderlogik nachvollziehen kann. Ein Klassiker: die Fastenzeit.

Meine Oma war eine strenggläubige Frau, die Fastenzeit wurde bei uns also sehr ernst genommen und in jedem Fall eingehalten. Wenn sich sonst in der Speisekammer immer ein Stück Schokolade oder Bonbons finden ließ: ab Aschermittwoch war nicht mal die Frage zulässig, ob etwas Süßes im Haus zu finden sei. Wehe, sie hätte einen von uns mit Süßkram erwischt. Da gabs kein Pardon! Nur wie kann man einem Kind jetzt erklären, was das genau ist, diese Fastenzeit?

Wenn ich mich zurückerinnere, dann wurde nie von 40 Tagen gesprochen? Und ich kann mich auch nicht an das Argument erinnern, dass es nach der ganzen Völlerei jetzt auch mal guttue, mit Maß zu essen? Und da ich auf Süßes eh nicht so erpicht war fand ich den Aspekt, auf Schokolade verzichten zu müssen, auch damals gar nicht mal erschreckend. Es war eher das radikale Element, das mich geängstigt hat, dieses: wir müssen jetzt von einem auf den anderen Tag alles anders machen, als noch gestern. Gestern haben wir uns den letzten Krapfen gegönnt, heute ists damit Schluss. Manche der sogenannten Fastenspeisen treffen die Geschmacksnerven von Kindern wie ein Glas Spülwasser den erlesenen Geschmack eines Weinkenners. Das essen zu müssen war für mich als Kind gleichbedeutend mit: jetzt musst du hungern … Wenn ich zurückdenke hab ich es mir wohl so zurechtgelegt, dass es einfach gar nichts Gutes mehr zu essen gibt. Und das war in meiner kindlichen Vorstellung eher wegen einer Hungersnot (auch wenn ich nicht so genau wusste, was man sich darunter vorstellen sollte) als wegen eines religiösen Zeitraums. Es schien in jedem Fall wie eine Katastrophe – und das mitten im Überfluss.

Der Aspekt des bewussten freiwilligen Verzichts, damit konnte ich als Kind so gar nichts anfangen. Meine Kinderlogik war in jedem Fall, dass man zur Enthaltsamkeit gezwungen wird und dass es jemanden gibt, der jeden Verstoß akribisch ins Sündenregister notiert.