Schlagwort-Archive: helfer

#Heimatverliebt: Historische Hallertau

img_0301
Wenn ich über meine Heimat nachdenke, dann denke ich an den Hopfenbau, die Hallertau und der Hopfen, das gehört zusammen. Historisch ist das aber erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts so. Damals wurde der Hopfen in unserem Landstrich heimisch und der Ertrag des “grünen Goldes” machte den Hopfenbauern reich. Davor war die Region weniger mit Wohlstand gesegnet, Sumpflandschaften, lehmige, sandige Böden und durch die Hügellandschaft zahlreiche Hänge mit geringer Nutzfläche, dazu bekannt für Nebel und Regen, hier wuchs keines der Topseller-Produkte wie Getreide oder Wein besonders gut. Dafür gedieh der bis dahin wenig genutzte Hopfen auf den Böden und im Wetter recht üppig.

Mitte des vorletzten Jahrhunderts begannen die Bierbrauer in München mit der Großproduktion, diese Chance ergriffen die Holledauer Bauern. Sie kultivierten die Hopfenpflanze und hatten mit dem Ertrag eine lukrative Einnahmequelle. Der neue Reichtum des Bauern zog in der Erntezeit billige Wanderarbeiter von überall herbei, die zwar nicht gerade üppig fürs Hopfenzupfen entlohnt wurden. Vor allem, da die drei bis sechs Wochen härteste Arbeit waren, trotzdem kamen sie in Scharen, um über 100 Jahre jede einzelne Dolde von den bis zu 10 Metern langen Pflanzen per Hand zu zupfen.

Was wir heute als so typisch für die Region empfinden, die Hopfengärten mit den hohen Stämmen und den Drahtgestellen, die man beim Fahren auf der A9 so schön sieht, ist tatsächlich eine Entwicklung des 20. Jahrhunderts. Davor hatte man im Garten kürzere Stangen, an denen die Pflanze hoch bzw. vorwärtswachsen konnte. Mit der Erfindung der Hopfenzupfmaschine Mitte der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts begann die Knochenarbeit etwas leichter zu werden.

Heute hat sich die Menpower bei der Hopfenzupf minimiert – einer fährt mit dem Traktor raus, an seinem Wagen ein Abreißgerät.img_5057Er lädt die Fuhre ab, einer hängt die Reben an der Zupfmaschine ein, der Rest läuft automatisiert ab. Früher waren so viel mehr Menschen involviert und mussten rackern.


Natürlich muss man dabei bleiben, aufpassen, auch heute bleibt mal ein Draht in der Maschine hängen.

Der Mensch ist nicht überflüssig.

Aber verglichen mit der Hopfenzupf anno dazumal ist viel weniger los auf den Höfen.

Und anders als früher ist der Hopfen auch nicht mehr Garant für gutes Geld.

Trotzdem bleibt es das grüne Gold, in guten Jahren ist der Hopfenpreis ein stolzer, ein lohnender.

Heute ist die Hallertau als „weltgrößtes Hopfenanbaugebiet“ bekannt, die ersten Hopfenwurzeln kamen wohl durch slawische Siedler in die Region, die sogenannte „Fechser“ mitbrachten und in den Böden kultivierten. Meine Großmutter mütterlicherseits stammt aus dem kleinen Weiler Gründl, das laut einer Urkunde neben Geisenfeld die älteste Ortschaft mit Hopfenanbau in der Region ist. Für mich als hier geboren und aufgewachsen ist die Hopfenzupf jedes Jahr Anlass, mich zu freuen. Schon allein, wie gut es rundum riecht.
Und ich liebe die Geschichten aus der guten alten Zeit, kann mich als Kind an die Wochen erinnern, in denen wir mit draußen waren. Besonders schön ist, dass ich in der Familie und im Freundeskreis noch Hopfenbauern habe, da darf ich auch mal „reinschnuppern“, vorbeikommen, riechen und schauen. Und knipsen.

Dass ich nicht mehr mitarbeiten muss stimmt mich alles andere als traurig, die Arbeit fand ich sehr hart.

Mir ist durchaus bewusst, dass es auch heute noch mühselig ist, dass der Hopfen eine Sonderkultur bleibt, dass am Spruch, “der Hopfen will jeden Tag ihren Herrn sehen” immer noch sehr viel Wahrheit steckt.

Das Wetter spielt eine entscheidende Rolle, zu viel, zu wenig, egal ob Sonne oder Regen, ein Hagelschlag, schon ist die Arbeit eines ganzen Jahres dahin …

Hinter jedem Hopfengarten in der Hallertau verbergen sich eigene, ganz persönliche (Lebens)geschichten, stecken Menschen und Generationen, wer in der Region unterwegs ist, darf sich auf Erzählungen freuen.

—————————

Jule lädt zum Schreibprojekt „Heimatverliebt“, ich habe mich etwas von den Monatsthemen gelöst und widme mich einer Idee rund um „Historisch in deiner Heimat“. Und habe mich etwas in die Geschichte des Hopfens eingearbeitet, das die Region seit noch nicht mal zwei Jahrhundert, dafür so nachhaltig prägt. Gerade „tobt“ rundherum die Hopfenzupf und ich hab mir fest vorgenommen, in den kommenden Tagen noch ein paar mal tief reizuschnuppern in die diesjährige Ernte … Mehr Heimatliebe aus unterschiedlichsten Regionen findet ihr unter dem Suchbegriff „Heimatverliebt“.

Wetterlage

Die Unwetter überall in meiner Heimat beunruhigen mich, haben mich auch weit weg in Spanien beschäftigt. Sonst kleine Bäche, die plötzlich als reißende Wasser- und Schlammmassen übers Ufer treten, Autos und Häuserteile mitreißen. Heftige Gewitter, Sturm, Starkregen, Hagel, Blitze, die sich in Sekundenschnelle aufbauen. Unfassbar, wie schnell angesichts der Naturgewalt scheinbare Sicherheit verloren geht … ? Ich schicke heute positive Gedanken und viel Energie an alle, die in den vergangenen Tagen Angehörige oder ihr Heim verloren haben, an Festivalbesucher, die durch Blitzeinschlägen verletzt wurden, vor allem aber an alle Helfer und Rettungskräfte, die unermüdlich im Einsatz sind. Ein großes Dankeschön aus vollem Herzen.

Reisebegegnungen

Bei Maribel hab ich kürzlich über zufällige Begegnungen mit besonderen Menschen auf Reisen gelesen. Man hat Zeit für Gespräche, wenn man unterwegs ist. So könnte ich euch von vielen kleinen Begegnungen unterwegs erzählen, von Kellnern, Backpackern, Lebenskünstlern, Straßenmusikern … Mir kommt aber eine andere Begegnung in den Sinn, die kurz wie ein Flügelschlag war, mir dennoch so besonders in Erinnerung geblieben ist:

2008 war ich mit einer Freundin unterwegs an der amerikanischen Ostküste, unser Ziel: der Indian Summer. Einmal mit eigenen Augen sehen, wie sich das Laub färbt, einmal Leafpeaper sein. Wir hatten die ersten Tage in Chicago verbracht und wollten mit dem Mietwagen an die großen Seen. Nur hatte ein Unwetter für Hochwasser gesorgt, alle Ausfallstraßen aus der Stadt waren gesperrt, unser Navi irgendwann keine große Hilfe mehr. Wir mussten wohl oder übel an einer Tankstelle einsehen, dass wir entweder zurück oder mit einem sehr großen Umweg rechnen mussten. Und dann kam „er“: ohne viele Fragen kaufte er uns eine Straßenkarte, erklärte das Problem, meinte, er kenne einen Weg und könne uns mit seinem Wagen leiten. Wir sollten ihm einfach folgen, irgendwann dann einfach links abbiegen, das sollte klappen …

Warum wir ihm vertrauten kann ich bis heute nicht sagen. Es war die Art, wie er uns ansprach, das hatte die klare Aussage „Mädels, ich bin ein Zocker, habe 48 Stumden in einem Spielerparadies verbracht, nicht geschlafen – ihr seid meine gute Tat für heute“. Vielleicht hatte er gewonnen und wollte sich so beim Universum bedanken? Oder er war einfach ein guter Kerl, der sich wünscht, dass auch seine Tochter gute Helfer in der Not findet? Er ist uns meilenweit am Stau vorbei durch die Vorstadt von Chicago vorangefahren, irgendwann das Blinkzeichen „Hier müsst ihr links“. Ein Bye und weg war er. Und wir auf der einzigen Ausfallstraße, die uns an diesem Tag wirklich gen Osten führte.

Bin bis heute dankbar für diese Begegnung, auch wenn ich seinen Namen nicht kenne, er ist immer wieder in meinen Gedanken.

————————

Ein kleiner Beitrag zur Suche nach besonderen Reisebegegnungen von Ariane von heldenwetter.de.

Freiwillige Feuerwehr

Gerade war Alarm. Die Sirene ist auf dem Land bei meinen Eltern noch wie in alten Zeiten am Schulhaus befestigt, mittendrin und ganz schön laut, um Dorfbewohner und Umland gleichermaßen zu alarmieren. Da ich krank im Bett rumliege und mir langweilig ist sonst nicht viel passiert hab ich mitgezählt, vom Alarm bis zu den ersten ankommenden Feuerwehrlern hat es keine 2 Minuten gedauert, bis das erste Mannschaftsauto abfahrbereit war keine 7 Minuten. Das ist wirklich unglaublich, denn die Helfer kommen aus einem Umkreis von etwa 5 Kilometern, machen das freiwillig, opfern ihre Freizeit, helfen aus Überzeugung, nicht weil sie dafür bezahlt werden. Finde ich immer wieder bewundernswert, denn das ist eben nicht selbstverständlich. Die waren vielleicht gerade zu einem netten Abend unterwegs, hatten es zu Hause kuschlig oder lagen schon im Bett, weil sie morgen früh arbeiten müssen. Und trotzdem beeilen sie sich, versuchen, schnell zu helfen. Macht mich irgendwie dankbar. Das wollt ich mal geschrieben haben.