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Der letzte Abend


Darf man über eine letzte Vorstellung was schreiben? Also indirekt etwas „bewerben“, das zum letzten Mal stattfindet? Ich hab mich entschieden, dass ich das darf, denn erstens hab ich die Tickets ja selbst gekauft, zweitens hat mich der gestrige Abend sehr berührt. Kurz: ich bin sehr froh, dass wir Mädels nicht nur einen gemeinsamen Termin hinbekommen haben, sondern dass es auch dieser ganz besondere geworden ist.

Gewachsen ist das alles aus der Begeisterung meiner Freundin A., sie geriet nach einem Abend im GOP-Theater vor Wochen völlig ins Schwärmen, „DUMMY, so so toll, müsst ihr anschauen. Ich würd sofort noch mal gehen.“ Aus diesem Vorschlag wurde eine Idee und schließlich ein Plan, angesichts der vollen Terminkalender nicht einfach, eine Schnittmenge zu finden. Irgendwann dann die Möglichkeit für die letzte Vorstellung. Es gibt noch Karten, sollen wir? Ich kann, ich auch, jaaa – alle vier.

Und nicht nur das hat uns gestern in Begeisterung versetzt, was durften Augen, Ohren und das Herz staunen. Ein wesentliches Element der Show ist die eigens dafür komponierte Musik, viel davon live zu beiden Seiten der Bühne. Die Stimme von Reecode, seine Elektro-Beats, vor allem aber das Cello von Lih Qun Wong, drangen mir tief unter die Haut. Sehr unerwartet, angenehm und im Gesamtpaket äußerst wirkungsvoll.

Die Bühnenshow kann man schwer beschreiben, der offizielle Text lautet: „Wer ist Puppe, wer ist Mensch? Was ist echt und was ist Illusion? Wie ist die Beziehung des Lebendigen zum Artifiziellen? Die Show DUMMY beschäftigt sich mit dieser Frage in einer nie da gewesenen Mischung aus atemberaubender Artistik, hochmoderner Bühnentechnik, faszinierenden Videoprojektionen und berührender Live Musik und bringt damit das Publikum ins Staunen.“

Für mich war es diese unglaublich stimmungsvolle Kombination von körperlicher Akrobatik mit Technik, Lichtinszenierung, Effekten – immer weich und fließend, dabei unglaublich stark und kraftvoll. Alles wirkt gleichzeitig leicht, bleibt aber haften. Anders als in den tradierten Genres des Varieté verstärken die technischen Projektionen die künstlerische Leistung, Licht und Schatten erhalten zusätzliche Dimensionen.

Und das live. Auf einer schwarzen Bühne, die eher an einen tristen Hinterhof erinnert, Sprüche auf einer Art Mauer, die eine Art zweite Ebene bildet. Der Boden liegt nicht nur, sondern lässt sich als 45-Grad-Winkel bewegen, was einen ungewohnten räumlichen Effekt erzeugt. Das Licht schließlich bringt nicht nur Helligkeit, sondern auch Farbe. Ebenso wie die Bewegungen … nicht zu beschreiben, aber unglaublich fühl- und erlebbar. Es hat das Herz in Schwingung versetzt, anders ist es nicht zu erklären.

Ganz ehrlich: sofern es eine nächste Gelegenheit gibt, würd ich sofort wieder hingehen.

Premierenfieber

Ein erstes Mal ist anders, eine Premiere mitzuerleben ein wunderbares, aber auch ein Ausnahme-Erlebnis. Die Künstler haben sich lang und intensiv vorbereitet, trotzdem: bei der Premiere vor Publikum ist oft Aufregung im Weg. Man ist noch nervöser, noch mehr gierig nach Reaktion, fürchtet die kleinen Unsicherheiten, hat vielleicht zu viel Respekt vor der Kritik. Und dann ist ein Premierenpublikum manchmal, nun ja, nennen wir es mal steif. Oft sind es viele geladene Gäste, zum Kommen verpflichtet … Alles ist auf Reaktion ausgelegt, es fließt noch nicht, sondern alle warten, wie es ankommt. Premierenfeeling ist ambivalent.

Toys GOP. Schaukelpferd
Toys GOP. Schaukelpferd

Ganz anders vorgestern abend. Ich habe eine sehr stimmige, gelungene Premiere erlebt, mit einem begeisterten Publikum. Manche Besucher mussten so lachen, dass sie nicht mehr aufhören konnten. Mit selbstsicheren Künstlern, die ihren Auftritt nicht nur souverän, sondern charmant, spontan, ohne Allüren, mit viel Profession, aber vor allem Herzblut und Freude auf die Bühne gebracht haben. Und den Saal mitgerissen haben!
Das schöne an einer Premiere: es gibt ein paar einführende Worte. Etwas mehr zum warum und wer dahinter steckt. Quasi die Geschichte der neuen GOP-Show, die unterwegs auf den Zirkus und Akrobatikfestivals in Frankreich vor dem Schaufenster eines Ladens mit antikem Spielzeug beginnt. Die Bühne ist entsprechend ein Spielzeugladen, in den Regalen Bären, ein Zonk, Babuschkas, Puppen, seitlich ein wunderschönes Karusselpferd. Nachts, sobald das Geschäft geputzt und abgeschlossen ist erwachen die Puppen und das Spielzeug zum Leben. Sie spielen miteinander, sie tanzen, lachen. Ein Kindertraum, der durch das liebevolle Arrangement nicht nur die Herzen von Kindern höher schlagen lässt.  In einem Varieté gibt es oft einen herausragenden Star, nicht so in Toys. Jeder Künstler für sich zieht in seinen Bann. Da zaubert ein junger Mann mit Stoffsäckchen, dass jeder Profifußballer gerne eine Trainingsstunde anmelden würde. Eine Akrobatin in Neon-Outfit lässt den Atem stocken, in dem sie sich auf wackligem Turmaufbau immer abwechseond auf einem Arm in Balance hält. Ein Flötenzauberer à la Paganini spielt gleichzeitig auf 5 Instrumenten und baut sich ein Orchester aus Publikum. Eine Puppe bewegt anmutig ein Rhönrad auf der viel zu kleinen Bühne. Ein junger Franzose beeindruckt mit Einradakrobatik und seinem ansteckenden Lachen. Ein Akrobat jongliert beinahe schwerelos auf dem Seil, mit Einrad. Bewegte Elemente, die an von Kindern gebaute Figuren erinnern, werden von einer Artistin mit viel Körpereinsatz, vor allem mit den Zehen, durch die Luft gewirbelt. Die beiden Supermarios zeigen eine Tanzeinlage, zwischen vielen akrobatischen Figuren bleibt der Atem des Publikums kurz stehen, als sie Kopf auf Kopf stehen ….

Toys GOP. all acteurs
Toys GOP. all acteurs

Nicht zu vergessen die Clowns: Das italienische Geburtstagskind des Abends, das mit seiner Partnerin durch das Programm begleitet, sich von einem akrobatischen Act zum nächsten steigert und entwickelt; das Publikum einbindet, einmal turnt sie auf einem Zuschauer, einmal ist der Zuschauer Helfer, um sie vom meterhohen Trapez zu holen. Nicht zu vergessen Interaktion mit den ersten Tischen – la Ola mal anders rum: Köpfe runter, unter der Leiter durch!
Es war herrlich, Unterhaltung auf sehr hohem Niveau. Hat großen Spaß gemacht, ich kann einen Besuch im Münchner GOP guten Gewissens empfehlen, auch als Ausflug mit Kindern für die ganze Familie. Ich würde auch noch mal gehen, so gut hat es mir gefallen!

Toys GOP. Clowns
Toys GOP. Clowns