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Short Stories: Leidenschaft

Was genau bedeutet das eigentlich: Leidenschaft. Im Wort steckt Leiden, hat es etwas damit zu tun? Wahrscheinlich, weil es tatsächlich Leiden schaffen kann, wenn man etwas leidenschaftlich begehrt, herbeisehnt, sich wünscht … Wikipedia definiert als „eine das Gemüt völlig ergreifende Emotion“. Man ist himmelhochjauchzend. Unter Umständen auch mal zu Tode betrübt. Man kann sowohl leidenschaftlich lieben als auch hassen. Und tatsächlich ist in der ursprünglichen Verwendung des Wortes auch der Leidensaspekt berücksichtigt. Ich denke da an an die leidenschaftlich dramatischen Elemente der tragischen Literatur.

Nun zu meiner Leidenschaft: hin und wieder schreibe ich hier über Musik. Für die ich brenne, glühe, mich verzehre, in ihr aufgehen kann, mich ganz hineinhöre, mit ihr verschmelze. Es gibt wenig, was mich so sehr berühren kann, wie Musik. Sie bringt meine Seele zum Schwingen und meinen Körper zum Klingen. Ich lasse meinen Atem und meine Stimme fließen. Ja, ich summe. Permanent. Was bedeutet: immer. Auch in Augenblicken, in denen das weniger passend ist. Aber das bin ich, das gehört zu mir.
Musik macht mich ganz. Das trifft aktiv wie passiv zu. Beim Selbersingen erlebe ich Momente, in denen die ganze Welt vibriert, weil Musik diesen Ort zu dieser Zeit zum stimmigen Raum macht. Seltene Momente, aber umso kostbarer. Nie hab ich mich mehr im Hier und jetzt gefühlt. Musiker haben in solchen Augenblicken eine sphärische Gänsehaut – Zuhörer auch. Hab ich nämlich auch passiv schon mehrmals erlebt.

Meine Leidenschaft für Musik ist groß, verbindend, hilfreich, mitfühlend, bewegend, aktivierend, motivierend, unbändig, vielfältig – und kann auch vollkommen unerwartet auftreten. Wie gestern abend, wenn die Nachrichten von der Krim musikalisch untermalt werden, durch eine tieftraurige, schicksalsschwangere Melodie …

Diesen Monat wollen Andrea und Bine unter dem Motto Short Stories wissen, wofür man brennt, was begeistert, wofür man Leidenschaft empfindet.

Hühnerhautalarm

Ich bekenne, dass ich gerade zu wenig Zeit zum Fernsehen habe. Und deshalb nicht wirklich mitreden kann über die neue Staffel von The Voice of Germany. Hab die Blind Auditions fast komplett verpasst, bin insofern eigentlich raus. Nur dass mir bei der gestrigen Wiederholung eines Battles einmal mehr durch den Kopf gegangen ist, wie wertvoll mir genau diese Phase in den letzten beiden Jahren war. In der TV-Sendung ist das im Ausscheidungsverfahren eine großartige Stimme gegen eine andere großartige Stimme, für Musikgenießer wie mich ein Ohrenschmaus. Da werden wunderbare, einzigartige Stimmen zusammengepackt mit meist außergewöhnlich anspruchsvoller Musik – und einmal mehr bekommt man ein Gefühl dafür, warum Musik verschiedene Harmonien kombiniert, warum es die Komposition ist, die unseren Sinnen den höchsten Genuss verschafft.

Einige meiner Highlights aus den letzten beiden Jahren:

Kombiniere zwei vollkommen unterschiedliche, dabei so markante Männerstimmen zu Gänsehautfeeling in What a wonderful World

Nimm 2 bereits sehr harmonische, da schwesterliche, Klangfarben und setze mit Michael Schulte eine dritte Harmonie ein und lass dich vollkommen fallen, Falling Slowly

Dessert Rose in einer sehr eigenen Interpretation mit zwei außergewöhnlichen Stimmen

Und natürlich dieses ganz besondere Damen-Duo, das mir unvergessen bleiben wird: People help the People

Für diese Woche hab ich mir ganz fest vorgenommen, Donnerstag und Freitag dabei zu sein, denn „Nights in White Satin“ war großartig, bei „Somewhere over the Rainbow“ hatte ich Gänsehaut – und ganz klar will ich Samu noch mal mit Hühnerhaut erleben. Und hoffe auf einen dieser besonderen Momente, wo man zuhört, wie sich Stimmen perfekt vereinen und ganz tief vom Bauch aus sich ein Gefühl von „genauso muss es sich anhören, perfekt!“ in mir breitmacht. Gerne auch mit viel Gänsehaut 😉

Philipp Poisel Tollwood 2013

Lieber Philipp Poisel,

es gibt Momente im Leben, die man nicht vergisst. Die man intensiver erlebt, als alles andere. Als gäbs kein vorher, kein nachher. Man ist vollkommen, ohne wenn und aber, in diesem Augenblick. Ist am Leben, lebendiger als sonst. Es zählt nicht, dass man sich seinen Ängsten und anderen Gefühlen oft genug stellen muss, die spielen in diesen Momenten keine Rolle. Man spürt sich, fühlt sich, tanzt – als gäbs kein Morgen mehr. Vielen Dank für einen unvergesslichen Augenblick in meinem Leben, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Der mich überrascht hat, tief bewegt hat, der mir bekannte Musik und Texte völlig neu, anders und unerwartet geschenkt hat.

PP_KOnzert_2Ich war kein großer Fan von dir, hab in der Vergangenheit öfter deine Lieder gehört, manche haben mir mehr, manche weniger gut gefallen. In den letzten Monaten bin ich immer wieder über deine Musik und deine Texte gestolpert, habe mich mit deinem Projekt Seerosenteich beschäftigt. Fands interessant. dann habe ich dich im Tollwood-Programm gefunden – und spontan eine Karte für dein Konzert gekauft. Ich bin ohne Erwartung gekommen, war überrascht, wie unterschiedlich die Altersstruktur deiner Zuhörer war. Ja, ich hab mich mit meinen eigenen Vorurteilen konfrontiert gesehen – und weiß jetzt vieles besser, kann viel besser verstehen, warum man dich nicht nur auf CD hören, sondern live erleben will.

Das Musikerlebnis lässt sich schwer beschreiben, es war alles so anders, so neu, so umwerfend. Das Streichquartett und die Arrangements haben mich umgehauen, mir immer wieder – und das ist wörtlich zu nehmen – den Atem geraubt. Deine Band ist so unglaublich gut, so professionell – und trotzdem hatte ich keine Sekunde Zweifel, dass es allen einfach nur Spaß macht, gemeinsam diese Musik zu machen. Ich erlebe nicht oft Konzerte, in denen mich die Musik so mitreisst, dass ich nicht mehr stillsitzen kann, dass mein ganzer Körper den Rhythmus aufnimmt, ich hatte gestern minutenlang Gänsehaut-Attacken. Dazu bewegen mich deine Texte, ich konnte nicht alle mitsingen, aber ich habe sie gefühlt und gespürt. Es war ein wunderbares Erlebnis, besonders, ein Moment, den ich tief in mich aufgesogen habe, in dem ich mich lebendiger gefühlt habe, als in vielen anderen Momenten des Lebens. Die aber auch nicht so in der Erinnerung haften bleiben.

PP_Konzert_3Am meisten fasziniert mich deine Präsenz als Musiker. Mit der ich nicht gerechnet habe, die mich umgehauen hat. Viele der dazwischen gesprochenen Texte kennt man, wenn man mal einen Konzertmitschnitt gesehen hat. Aber das ist kein Programm, das ist ein Mensch, der über seine Gefühle, seine Ängste, seine Erlebnisse, seine Augenblicke erzählt. Ich hab mich über die vielen Dankeschöns ans Publikum sehr gefreut und möchte auf diesem Weg mein Danke zurückgeben: du bist ein großartiger Musiker. Ich freue mich darauf, mehr von deiner Musik zu hören und zu erleben!

Liebe Grüße von deinem neuen Fan