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Das mit dem Maibaum


Gestern hat die Dorfjugend den neuen Maibaum auf seinen Platz befördert … hinten fuhr ein großer Traktor verkehrt herum, vorne weg ein mir nicht näher bekanntes Fahrzeug, das nicht sehr manövrierfähig schien, deshalb mussten viele junge Männer mitlaufen, um den Baum entlang der nicht ganz gerade verlaufenden Dorfstraße immer wieder in die richtige Richtung zu schubsen. Anschließend haben 2 mit Hobeln geschält, während bestimmt 10 andere herumstanden, um fachkundig zuzuschauen, zu kommentieren und zu diskutieren … immer wieder kam jemand, auf dem Dorfplatz war was los. Als ich gegen Mitternacht auf dem Heimweg vorbeikam saßen fast 50 am Lagerfeuer, in dieser herrlich sternklaren Nacht.

Maibaumwache, das weckt Erinnerungen. Als etwa 13jährige war ich bei der Gestaltung des damaligen Maibaums dabei. „Unser“ Baum lag an einem geheimen Speicherort, auch wir haben ihn am Vortag zum Dorfplatz gebracht und ab da rund um die Uhr bewacht. Vor den bösen Maibaumräbern. Kamen auch ein paar vorbei. Das gehört schließlich auch zum Brauchtum, dass die Jugend aus anderen Ortschaften versucht, den Maibaum zu stehlen. Um ihn anschließend in Verhandlungen, meist gegen eine stattliche Brotzeit oder andere lösbare Aufgaben, rechtzeitig wieder auszulösen.

Um ehrlich zu sein: aus der Perspektive meines 13jährigen Ichs traten die Gefahren eines möglichen Maibaum-Klaus weit hinter die Attraktivität eines „gegnerischen“ Besuchers zurück. Mit dem ich in der auch damals zwar kalten, aber sternklaren Nacht lange geredet und viel gelacht habe …

Zurück zum Thema, auch heute wird der Maibaum dann nach einer romantischen gut bewachten Nacht von den Männern des Dorfes – da kommen dann auch die erfahrenen Älteren dazu und geben fachkundige Tipps – gemeinsam aufgestellt. Von ein paar, die das sogenannte „Irxenschmalz“, also die notwendige Muskelkraft, mitbringen, die anpacken, statt über das wie zu reden.

Und das bei blauweißem Himmel und Sonnenschein … schon schön, das alte Brauchtum rund um den 1. Mai.

Integrations-Bau

406Heute war in der Dorfkirche eine „einheimische“ Hochzeit, da musste ich dran denken, dass mir vor ein paar Wochen etwas Unerwartetes und Besonderes passiert ist – und den Gedanken daran festhalten. Eine nicht ganz gleichaltrige „Einheimische“ hat mich nämlich beim Einkaufen angesprochen, da sie als Tante für die Taufe ihres Neffen in der Stube des Feuerwehrhauses dekorieren sollte. Und da wurde ihr von den Damen des Dorfes tatsächlich empfohlen, bei mir nachzufragen, „das soll damals bei der Taufe deiner Nichte so schön gewesen sein.“

Ich halte das aus zwei Gründen fest: Zum einen war die Deko damals alles andere als ausgefallen. „Meine“ Deko ist immer sehr natürlich, jahreszeitlich. Die bezaubernde Nichte wurde im Oktober getauft, also gab es eine späte Sonnenblume, Kastanien, dazu grüne und orange Physalis. Und wir hatten rosa-weiß-karierte Servietten. Das wars. Sah aber wirklich schön aus, zum dunklen Holz der Tische.

Zum anderen aber bin ich in meinem Heimatort eigentlich nicht sehr integriert. Das liegt zugegebenermaßen nicht an mir, aber ich wohne einfach nicht da, war auf einer höheren Schule, habe studiert. Selbst in meinen Chorzeiten war ich, ohne es zu wollen, anders als die anderen. Hatte und hat nichts mit meiner Einstellung zu tun, ich grüße jeden, ratsche, bin sehr offen. Aber das kommt nicht automatisch zurück. Umso mehr gefreut habe ich mich, sowohl über die Frage, als auch über die Empfehlung der Landfrauen.

Meine Mutter hat es mir so erklärt: das Dorf hat durch die Renovierung gesehen, dass ich mich, obwohl ich hier nur die Wochenenden verbringe, ins Dorfleben einbringe. Das wird anerkannt. Und so kommt eine Referenz zu mir, die ich gar nicht bei mir ansiedeln würde … Muss ich mir merken 🙂

Kirtahutschn

Gestern wurde in Bayern Kirchweih gefeiert, nachmittags hab ich mich mit der Kamera ausgestattet auf einen ausgiebigsten Spaziergang begeben. Durchs Dorf und rundrum auf die großen Bauernhöfe, denn ich war auf der Suche nach einem speziellen Bildmotiv: einer „Kirtahutschn“. Übersetzt heißt Hutschn soviel wie Schaukeln, Kirta ist bairisch für Kirchweih. Dahinter versteckt sich keine gewöhnliche Schaukel, die Bauern haben auf ihren Höfen alljährlich am Kirchweihtag ein laaanges, stabiles Brett aufgehängt, meistens an Ketten. Und zwar unter einem Vordach oder in einer Halle, so dass es weit und hoch hin- und herschwingen kann.

Da setzt man sich nicht wie auf eine Schaukel drauf, sondern breitbeinig, ein Kind, Teenager oder Erwachsener hinter dem anderen, jeder hält sich am Vordermann fest. Im Idealfall ist das ganze Brett besetzt, sonst wirds eine rutschige Angelegenheit. Der Erste und der Letzte sind teilweise „etwas eingeengt“ … Meine Hoffnung war, dass ich gestern ein paar strahlende Kids aufs Bild bekomme. Nur leider, ringsrum Fehlanzeige. So hätte mein Bild aussehen können – oder die Version für Schisser wie mich, mit Sicherung 😉

Mein Vater hat übrigens viele Jahre lang eine Kirtahutschn unters Vordach gebaut. Als kleines Kind hatte ich – eh klar – Schiss und bin maximalst mal eine kurze Runde mitgehutscht. Nicht so meine Schwester, die war der wilde Chef, höher, weiter, immer weiter. Später fand ichs dann aber auch supertoll und besonders, weil ja nur einmal im Jahr.

Die Bank auf dem Dorfplatz

Als ich ein Kind war saßen die alten Männer des Dorfes gerne zusammen auf dem Dorfplatz, auf einer alten, schon ein wenig morschen Bank, die direkten Anwohner haben sich einen Stuhl nach draußen getragen. Im Schatten saßen sie, redeten, rauchten, schauten. Irgendwann haben ihnen die damals jungen Männer eine schöne massive Bank und einen stabilen Tisch gestiftet. Kaum waren die neuen komfortablen „Sitzgelegenheiten“ da, sind die Alten von damals innerhalb von kurzer Zeit gestorben. Einer nach dem anderen. Irgendwann saß keiner mehr da, außer den Teenagern des Dorfes. Immer wieder fühlten sich die aber zu sehr auf dem Präsentierteller und suchten sich andere, geheimere Orte. Hin und wieder hat sich in den letzten 20 Jahren schon mal einer hin und ein anderer dazugesetzt. Aber so wirklich früh gekümmert hat sich keiner mehr, erst wurde der verwitterte Tisch entfernt, letztes Jahr dann das Bankerl … Vor ein paar Monaten haben die Jung-Feuerwehrler eine neue Sitzgruppe aufgestellt, ein schöner Tisch, zwei bequeme Holzbänke. Und so sitzen neuerdings immer öfter wieder ein paar alte Männer zusammen auf dem Dorfplatz, ratschen, schauen und sind einfach da. Aber nicht nur die, auch ein paar Damen haben das Platzerl für sich entdeckt und verweilen. Und wenn die Alten aufstehen und gehen trifft sich die Dorfjugend, die cool findet, dass sie gesehen wird. Schön, so ein gut frequentierter Platz mitten im Ort.