Schlagwort-Archive: buchskranz

Wintergefühle im Mai

Bevor ich mich gedanklich auf die zweite kalte Veranstaltung in diesem Mai am kommenden Wochenende vorbereite denke ich kurz an die erste zurück, die Kommunion der bezaubernden Nichte letzten Sonntag. Und halte fest, dass um die Null Grad einfach zu winterlich ist. Für Mai. Dass das einer 8jährigen, der ihr Outfit im Unterschied zu den anderen ja „eigentlich total egal“ ist, vollkommen schnurz ist, wurde am Vorabend des großen Tages dann doch sehr deutlich. Als Mutter und Tante beratschlagten wie man das frühlingshafte Kleidchen etwas temperaturtauglich unterfüttern könnte … dass die Mama doch eine perfekte Lösung gefunden hat wurde erst mal lautstark in Frage gestellt. Nach einer Nacht drüber schlafen: okeeeee, na gut, von mir aus … aber zum Essen zieh ich das aus.

Der Sonntag startete für alle trotz brrrr-kalt entspannt, nur die Patentante stand viel zu früh müde und frierend auf der Terrasse. Um frische Blumen in den Buchskranz zu binden. Ja, das war eine kurzfristige Idee. Man könnte fast sagen: last minute. Und auch gar nicht so einfach, überhaupt passende Blütenköpfe zu finden (haltbar, nicht zu klein, nicht zu groß, zum Glück hatte die heimische Gärtnerei des Vertrauens noch die Möglichkeit, eine Bestellung für uns abzugeben …)

Auf dem Weg in die Kirche haben Patentante und Patenkind sich darauf geeinigt, dass die Tante im Zweifel die kleine Schwester entertaint, damit die Eltern nichts verpassen. Und das hat wunderbar geklappt. Ebenso wie das vorher Eingeübte im Gottesdienst wie am Schnürchen lief – und die nicht geübte Fürbitte durfte sowieso abgelesen werden. Der Buchskranz blieb auf dem Kopf – und dass die Hostie nicht schmeckt hat hoffentlich auch keinen überrascht.

Anschließend gabs im Restaurant das gewünschte Schäufele fürs Kommunionkind – daheim reichlich Geschenke und Erdbeerkuchen (sogar in Herzform von der Oma). Und wie es so ist: der Tag verfliegt, zum Glück war die große Cousine auch kurz für einen Rückzug ins Kinderzimmer zu bewegen. Und am Abend gabs als krönenden Abschluss eine Gewinnerrunde Mensch ärgere dich nicht mit der Oma –

Mein persönliches Fazit: Nichte 2.0 und ich beginnen, eigene Geschichten zu zweit zu erleben. Die sind teilweise ähnlich, dann auch manchmal ganz anders. Während die große Schwester in der Kirche war sind wir über den Spielplatz getobt, haben eine Katze dabei gestört, ein Vogelnest zu Räubern und haben uns mit zwei bezaubernden Hunden angefreundet. Trotzdem haben wir die große Schwester in der Kirche bewundert, nach zu viel Fan-Rufen für Nini aber draußen gewartet – und „wir“ haben nich geweint, als der Pfarrer nach dem Gottesdienst mit dem Finger ein Kreuz auf unsere Stirn gezeichnet hat. Besonders stolz sind „wir“ über das erste alleine geklappte Mittagsschlafritual von Nichte-Tante – halleluja!

Achso, seitdem werde ich selbstverständlich sehr vermisst, bekomme täglich Nachrichten und Anrufe mit Statusberichten. Und stellt euch vor: heute saß ein Reiher auf dem Dach der Nichten. Habe natürlich ein Bild bekommen – und ja, da bin ich neidisch. Ich freu mich ja über jeden Reiher, und auf meinem Dach saß noch keiner.

Das mit dem Blumenschmuck


Gestern beim Abräumen in der Hochzeitslocation kam ein Brautpaar vorbei, um sich den Raum anzuschauen, für „irgendwann 2019, so ab April bis Juli“, wenn halt was frei wäre … mein kleiner Bruder und seine Frau waren da sehr viel spontaner. Sie haben sich 2017 entschieden, eins nach dem anderen gefunden, sind ganz bestimmt auch mal Kompromisse eingegangen – und wie ihr gestern schon gelesen habt: alles war perfekt. Auch das Wunschdatum.

Sehr besonders: die zwei haben ihren Blumenschmuck komplett selbst angebaut.
Und aus den Bauerngärten der Mütter oder von umliegenden Wiesen ergänzt.

Auf zwei Feldern wurde immer wieder neu ausgesät, mein alter Kräuterwildwuchs ist zum Blumenwildwuchs umfunktioniert worden.

Seit Monaten haben die beiden immer wieder gepflückt und getrocknet, letzte Woche wurde die ganze Familie eingespannt, um Gestecke, Anstecker und und und daraus zu basteln.

Freitag früh ging’s ins Blühfeld, eine Sorte nach der anderen, ein Eimer nach dem anderen, eine Kipperladung voll.

Ganz früh haben sich nur die Schmetterlinge durch uns gestört gefühlt, die sich zum Aufwärmen in die Sonnenblüten setzten.
Später wurde es recht voll, Bienen, Wespen, Hummeln …. ein Summen und Brummen. Mittendrin das zufriedene Summen und Pfeifen meines Bruders.

Auf dem Hof haben wir die frischen Blüten kunstvollst arrangiert – in unterschiedlichen Glasflaschen, ebenfalls seit Monaten gesammelt.

Die wurden auf den runden Tischen liebevoll variiert.
Was für eine Blütenpracht?
Und haben den Hochzeitstag mit einem sehr natürlichen Charme farbenfroh und bunt gemacht …

und im nächsten Jahr blühen sie hoffentlich bei allen Hochzeitsgästen üppig weiter.

Kirchenschmuck waren übrigens Buchskranzerl – die haben wir schon letzten Montag ebenfalls selbstgemacht. Alles aus Eigenproduktion sozusagen. Biologisch und nachhaltig. Und wir hoffen, sie halten noch zwei Wochen, dann werden sie bei der Taufe von Nichte 2.0 zweitverwertet.

Landshuter Hochzeit – Symbole

Ich bin weder Landshuterin noch darf ich ins Kostüm schlüpfen. Geht nicht, ich bin weder in Landshut geboren noch lebe ich hier. Meine eigene LaHo-Geschichte startete als Zaungast, als Kind. Ich kann mich bis heute daran erinnern, wie ich völlig fasziniert am Zaun stand und beobachtet habe, wie das fürstliche Abendmahl mitsamt Pfauenfedern feierlich über den Zehrplatz getragen wurde. Da ich ganz in der Nähe von Landshut aufgewachsen bin war ich – wenn möglich – alle 4 Jahre, geschätzt seit 1981 als Besucher dabei. Als Zaungast, zum Picknicken auf den Tribünen. Später dann auch auf den Veranstaltungen.

Gerade als Teenager wäre ich soooo gerne selbst mitgelaufen, als Zigeunerin – oder am allerliebsten bei den Gauklern. Ich kann mich wie ein Kind freuen, sobald ich die festlich geschmückte Altstadt sehe, das erste Buchskranzerl grinse ich immer wie einen alten Freund an. Ich bewundere jedes einzelne Kostüm. Musik und LaHo sind für mich untrennbar verbunden, Pauken, Trommeln, Trummeter, Flöten, Dudelsack – die mittelalterlichen Klänge können ganz schön mitreißen? Und am allerschönsten sind die kleinen unerwarteten Überraschungen: ein leises Lied in der Residenz, der Gesang der Reisigen in der Martinskirche, die Gaukler im Zigeunerlager, Jongleure mit Feuerketten bei Nacht. Hach, ich freu mich auf Juni 2017!

Ich kann wahrscheinlich gar nicht in Worte fassen, wie sehr mich diese 3 Wochen begeistern, wie schön ich es finde, dass so viele Landshuter mitmachen, sich über Jahre die Haare wachsen lassen, tanzen üben, reiten lernen, sich vorbereiten. Um dann für 4 Wochenenden in eine längst vergangene Welt einzutauchen, die hier so lebendig und authentisch gestaltet wird, wie ich es sonst noch nirgendwo gesehen habe.

Die Förderer legen großen Wert darauf, dass alles originalgetreu abläuft. Das beginnt bei den Vorgaben der Haarlänge, geht über die Mode hin zu Verhaltensregeln. Wer die Bilder anschaut kann sich denken, dass Männer in Strumphosen bei über 30 Grad schwitzen, ebenso wie die Damen mit ihren pelzverbrämten Roben und Hauben? Trotzdem gibt es keine Möglichkeit, mal schnell aus dem Kostüm zu schlüpfen und in der Badehose oder im Bikini in die Isar zu springen. Smartphone und moderne Elektrogeräte wie Kameras sind verboten. Keiner trägt ein Piercing, wer genau hinschaut sieht auch keine Uhren oder Brillen. Make-Up? Lippenstift? Lidschatten? Auch dafür gibt es genaue Vorgaben, sogar, ob ein Bart getragen werden darf. Mag sein, dass so manchem Zuschauer sorgsam gehütete Details gar nicht auffallen, ich gehe immer mit großen staunenden Augen durch diese Welt und bin begeistert von der Liebe zu Kleinigkeiten, die man immer und überall entdeckt.

Es ist romantisch. Es ist bezaubernd. Es ist fröhlich. Es ist ein großes, überaus herzliches und farbenfrohes Fest. Und es ist ok, dass es hier Abweichungen vom Original gibt. Natürlich war die Landshuter Hochzeit im Jahr 1475 nicht sehr romantisch und möglicherweise auch nicht so verzaubert, es war schließlich wie zur Zeit üblich keine Liebesheirat. Das Zeitalter des Mittelalter mit seinem Standesdünkel wurde in der reichen Herzogsstadt Landshut dennoch für kurze Zeit ausgesetzt und in ein himmlisches Fest für Jedermann umgewandelt. Jeder, der mitfeiern wollte, war eingeladen. Sicherlich nicht bei herrlichem Sommerwetter – Termin war damals im November. Dennoch halten sich die Vorgaben sehr eng an die Überlieferungen. Wer mehr über den historischen Hintergrund wissen möchte kann hier sehr ausführlich nachlesen. Nach der LaHo heißt es für die meisten Darsteller „Hochzeitszopf ab“ – einige lassen sich die Haare sogar öffentlich schneiden, wie diese Bilder beweisen.

PS: Die letzten Wochen habe ich immer wieder etwas sehnsüchtig nach Beiträgen zur LaHo gesucht. Und gar nicht viel gefunden. Anfang der Woche stolperte ich über diesen Blog eines Mitwirkenden, den ich nachträglich sehr empfehlen möchte, denn er ist wunderbar geschrieben. Sehr persönlich, und immer mit einem Augenzwinkern. Ohne zu wissen, wer sich hinter der Figur des Schandolf verbirgt, hab ich übrigens unzählige Bilder von ihm und seinen Jungs gemacht, weil ich so begeistert war!

©meinesichtderwelt – ab dem Alter von 22 Jahren bedeckt eine Haube den Kopf jeder Frau, festlich herausgeputzt mit wunderbaren Blumen, in diesem Fall Rosen ©meinesichtderwelt – wer kein langes Haar hat, tut sich schwer, eine Rolle zu ergattern, egal ob Frau oder Mann ©meinesichtderwelt – mittelalterliche Männermode ©meinesichtderwelt – Männer in Strumpfhosen ©meinesichtderwelt – jeder hat seine Rolle, trägt ein Kleid mit Schleppe, oder trägt ebendiese Schleppe ©meinesichtderwelt – ein Kind der Neuzeit bestaunt Musikinstrumente des Mittelalters ©meinesichtderwelt – Stadtwachen aus dem Mittelalter laufen am Taxistand vorbei ©meinesichtderwelt – ein seltenes Bild: moderne Technik ist nicht gestattet, aber am letzten Abend gibts eine erlaubte Ausnahme für die Erinnerungsbilder der Mitwirkenden ©meinesichtderwelt – Symbol für Buchskranz und Trinkbecher ©meinesichtderwelt – am Gürtel eines jeden Mitwirkenden ©meinesichtderwelt – der Gürtel sitzt auf der Taille, nicht lässig auf der Hüfte ©meinesichtderwelt – Trommeln und Pauken ©meinesichtderwelt – zum Dankeschön Blumen und eine Kusshand ©meinesichtderwelt – herrliches Andenken, für Mitwirkende und Zuschauer