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Musik am Mittwoch: Vogelfrei

Gestern war mir nicht nach Musik – hab auf der Wiesn zu viel schlechte gehört. Sorry, liebe Festzelt-Musiker, aber das war gestern echt nicht euer bester Tag. Eben ist mir dann Pauline Moser „begegnet“, und schon ist das Strahlen der Musik zurück, passt gut zu diesem Spätsommertag, eben hebt sich der Nebel, die Sonne kommt raus – vogelfrei. Mich fasziniert das Arrangement der klassischen Instrumente, da steckt so viel Kraft drin ….

„Growing Pains“ in der Muffathalle

Mit Growing pains hat Birdy gestern ihren Konzertabend in der Muffathalle eröffnet. Ohne spektakuläre Show: sie kommt auf die Bühne, setzt sich ans Klavier, spielt und singt. Und man muss sie nicht sehen. Man darf sie fühlen. Ihre Stimme hat die Muffathalle problemlos gefüllt. Die tiefen wie die hohen Töne, die leisen Stellen wie die lauten gingen ganz tief. People help the people, ein echter Gänsehautmoment. Und wenn man nichts sieht, dann hört man noch genauer hin, lässt die Worte auf sich wirken, spürt die Akkorde. Wie leicht diese junge Musikerin Text und Musik miteinander verschmilzt. Auch die neuen Stücke von Beautiful lies sind ganz ihre eigene Musikwelt. Zwischen den Stücken immer wieder ein fast gehauchtes „Thank you“, keine Moderation, keine Erklärungen. Hört mir zu, hört meine Musik, dann wisst ihr, warum ich hier bin. Und als letzte Zugabe Skinny Love – ein Herzmoment. Insgesamt hätte ich gestern Abend gerne den Opernkritiker gespielt, wäre so unwahrscheinlich gerne in der Partitur versunken, hätte gerne mitgelesen, gesehen, was da „gezaubert wird. Ein sehr berührender Abend, musikalisch gesehen.

Gerne hätte ich euch an dieser Stelle ein paar stimmungsvolle Bilder vom gestrigen Abend  mitgebracht. War mir nur nicht möglich, weil sich genau vor mir Männer jenseits der 1,90 Metergrenze aufgebaut haben. Viele. Kann ich verstehen, die wollten schließlich „auch“ was sehen. Zeitweise wollte ich auch den Herrn vor mir bitten, mir eine seiner unzähligen – jedes einzelne mit grellem Blitzlicht – aufgenommenen Aufnahmen abzugeben. Allerdings meine ich bemerkt zu haben, dass er von den 100+ wahrscheinlich kein einziges scharf bekommen hat. Am schönsten für uns kleine Mädels im hinteren Hallendrittel dann zu beobachten, dass es sogar  Konzertbesucher gibt, die sich über die 1,90-Männer-Mauer erheben: eine Dame hat sich nämlich auf die Schultern nehmen lassen. Damit denen von hinten die letzte Chance auf einen Blick auf die Bühne verbaut. Aber sie hat doch so sehr gehofft, dass Birdy sie winken und ihre Musik aufnehmen sieht … Sarkasmus aus.

Und leider, leider muss ich noch ein paar Eindrücke aufschreiben, deshalb auch der Titel „Growing pains“: Schade, dass es Konzertbesucher gibt, die sich nur für sich interessieren. Denen die anderen Konzertbesucher und deren Interessen sehr egal sind. Die vielleicht nicht so begeistert sind. Oder oder oder. Wir haben nichts gesehen, das ist ok. Wir mussten vielmals ausweichen, weil Menschen auf der Suche nach der besseren Sicht gewandert sind, das ist ok. Wir wurden übersehen, gestoßen und getreten. Das ist nicht ok. Als die Ordner vorne zwei Mädels raus holen mussten, die offensichtlich umgekippt sind, wurde es hinter uns laut. Minutenlang. So laut, dass die wunderbare Musik nicht mehr zu hören war. Das ist nicht ok. Wenn ihr früher gehen, die Zugaben nicht abwarten und eure Becher abgeben wollt und und und: tut das, aber nehmt Rücksicht auf die, die ein Konzert gerne bis zum Ende hören. Und dem Künstler den verdienten Schlussapplaus geben. Die haben ihre Tickets gekauft, um zu genießen. Stört sie nicht dabei … Ok?

 

Das mit dem Stolz

Ich habe eine Freundin. Seit 1999. Wir haben uns in einer sehr intensiven Zeit kennengelernt. Unsere Freundschaft ist mal enger, mal weniger eng. Aber unsere Verbindung hält. Ein Bindeglied ist ganz sicher die Musik, die uns immer wieder einen Anlass für gemeinsames Erleben schenkt. So wie gestern abend, ich durfte im Publikum sitzen, während sie mit ihrem Acapella-Chor aufgetreten ist. Fast 3 Stunden, Haindling, Münchner Freiheit, Queen, Revolverheld, Michael Jackson und die von mir sehr geschätze Ina Müller waren da unter anderem zu hören. Für mich schon fast legendär das  Arrangement eines bairischen Volkslieds, das die bezaubernde Nichte auswendig kann, weil ihre Mama ihr das vorsingt, seit sie auf der Welt ist: „Springt da Hirsch übern Bach, brockt si drei driedoppelte schene, greane, braune Brombeerblätterbladl ob von da Staudn. Sagt da Hirsch, des is a Mo, der si drei driedoppelte, schene, greane, braune Brombeerblätterbladl obbrocka ko.“ Ohne ein einziges Instrument, lebendig dargebracht von knapp 30 Sängern. Wie alles andere, was sich an diesem Abend sicher nicht immer so anhörte, wie viele es kennen.

Besonders für mich aber war der Moment, in dem ich seit vielen Jahren mal wieder die Stimme dieser Freundin solistisch hören durfte, zu „Turning Tables“ von Adele. Nicht leicht, das zu singen, umso größer meine Gänsehaut, denn es war ein perfekter musikalischer Moment. Und wie schön, dass ihre ganze Familie dabei war. Eltern, alle Geschwister, auch der Bruder, der sein Leben jetzt so weit von zu Hause lebt, alle Nichten und der Neffe. Ihre gerade 14 gewordene Tochter. Eigentlich jeder aus dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist. Und so viele Bekannte. Was war ich stolz, über das viele Lob, das sie bekommen hat. Sie so strahlen zu sehen, zu wissen, wie sehr sie die Musik liebt …

Wie hab ich mich über ihre strahlenden Eltern gefreut, so stolz auf die gelungene Aufführung im neu erbauten Bürgerhaus der Feuerwehr, das bis zum letzten Platz ausverkauft war. Was hab ich mich gefreut, als ihr zweiter Bruder, der tagsüber einen Termin am Starnberger See hatte, pünktlich nach der Pause kam und belagert von seinen 3 Mädels den zweiten Konzertteil genießen konnte. An ihrer Seite im Chor die große Schwester, die zwei hört man stimmlich so was von raus. Und die Bühnenpräsenz haben sie geerbt, ganz klar. Was für eine wunderbare Musikerfamilie das ist.

Und wie schade, dass ihr Mann das nie mit erlebt. Er fehlt. Oder auch nicht. Das ist jetzt eine Frage der Sichtweise, denn wer weiß, ob es ihr nicht die Freude trüben würde, wenn er dabei wäre, aber wie schon früher völlig verständnislos neben ihr stehen würde. Und zum baldigen Heimgehen drängen würde. Nein, ohne ihn kann sie nach einem gelungenen Konzert bleiben, mit den anderen Musikern zusammensitzen, lachen.