Schlagwort-Archive: alte freunde

Nostalgiemoment: Unterwegs mit Opa

Immer im Herbst, vor allem an „goldenen Oktobertagen“, erlebe ich „meinen“ Nostalgiemoment. Ich sehe mich förmlich als Dreikäsehoch. An der Hand meines Opas. Wir zwei gemeinsam unterwegs, über den Feldweg erreichen wir die nahegelegenen Wälder. Und dann immer der Spürnase nach …

Ich kenne nur einen Großvater, der Vater meiner Mutter ist vor meiner Geburt verstorben. Das hat „mein“ Opa durch unzählige Kindheitserinnerungen aber mehr als wettgemacht. Anders als für seine anderen Enkelkinder war er für mich unwahrscheinlich präsent, wir zwei mochten uns und das war für ihn wohl eine hochwillkommene Gelegenheit, etwas mit der Enkeltochter zu unternehmen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wieviel Spaß ich hatte, als Alibi. Denn tatsächlich war mir trotz meines Alters bewusst, dass er unsere Ausflüge der Oma gegenüber etwas anders darstellte, als das, was wir tatsächlich miteinander erlebt haben. 

Waren wir im Sommer stundenlang im Wald spazieren, so hieß das im Klartext, dass ich stundenlang im Planschbecken des nahegelegenen Schwimmbads sein durfte – er trank mit den anderen alten Herren unterm Sonnenschirm ein kühl(end)es Bier. Immer Weißbier, wehe, es gab keinen Schaum. Das Bild der Strohhüte und später auch Gehhilfen kann ich auf Knopfdruck in mir einschalten. 

Mit dem Auto wurden wir öfter einkaufen geschickt, das hat manchmal unerwartet lang gedauert, weil wir „noch weiter fahren mussten, weil die im Supermarkt kein Butterschmalz hatten …“. Und wir in echt in die Wirtschaft mussten, um eine Partie Karten zu spielen . Ich war übrigens immer die, die einspringen „musste“, wenn einer aufs Klo musste. Kein Wunder, dass ich schon früh ein leidenschaftlicher Kartenspieler und schlechter Verlierer war? 

Unvergessen eine Heimfahrt von der Wirtschaft, Opa hatte ein Bier zu viel – und ich meine erste Autofahrt, im gelben Audi der Großeltern, die Serpentinen den steilen Berg hinauf hab ich super gemeistert. Dumm war nur, dass die Oma uns beim Einfahren in den Hof gesehen hat … die hat ihm eine Standpauke gehalten, dass wir beide nur noch gezittert haben. Und uns verschwörerisch zu geblinzelt haben …

Die schönsten Stunden aber waren die herbstlichen Ausflüge in den Wald, selbst wenn der Plan ein ganz anderer war, wir haben immer Schwammerl gefunden. Und die konnten wir nicht den Schnecken zum Fraß überlassen. Also musste der Hut oder öfter auch mal eine Weste oder das Hemd vom Opa herhalten, um unsere Schätze heimzutragen. Und immer wusste er, welcher Vogel „das“ war, welcher Baum, welche Spuren …

Wenn ich heute durch den Wald gehe, hab ich immer ein Stück weit mich als Kind dabei, neugierig in alle Richtungen schauend. Und manchmal fällt mir sogar was ein, was der Opa damals gesagt hat … irgendwie habe ich sogar seine Stimme im Ohr, eine bunte Mischung aus den vielfältigen Stimmfärbungen meiner Onkel und meines Vaters, nur sein ganz besonderes Tenor-Timbre, das hat dann doch nur ihn ausgezeichnet. Kein Wunder, dass mir viele Jahre immer von der besonderen Singstimme meines Opas vorgeschwärmt wurde. An die kann ich mich nur leider nicht erinnern. Dafür, dass er immer vor sich hingepfiffen hat.

Meinen Nichten wünsche ich von Herzen, dass sie später auch das Bild von ihren Ausflügen mit ihrem Opa in ihren Herzen mit sich tragen dürfen.

Imme sammelt Nostalgiemomente: „Mach mit, teil deine Erinnerungen! Bei meiner Blogparade zum Thema Nostalgie geht es darum, von einer Kindheitserinnerung zu erzählen, an die du heute noch gerne denkst. Denn was gibt es Schöneres, als in den guten alten Zeiten zu schwelgen?“

Ein Freund, ein guter Freund

Und wenn es noch so kitschig ist, ich mag das Lied. In meiner ältesten Erinnerung singen es Heinz Rühmann und seine Mannen im sicherlich noch viel älteren Schwarzweiß-Film „Die Drei von der Tankstelle“:
Schon damals fand ich nicht nur Text und Melodie sehr eingängig, sondern auch den Inhalt irgendwie besonders.

Gestern habe ich über den hohen Stellenwert einer Freundschaft geschrieben, das hat mich auch wieder an die Momente erinnert, in denen eine Freundschaft auf eine Zerreissprobe gestellt wird. Zeiten, in denen man sich voneinander entfernt. Oder einfach anderer Meinung ist. Sich nicht öffnen kann. Eine meiner ältesten Freundinnen aus der Kindheit war das Nachbarsmädchen. Wir sind gemeinsam aufgewachsen, haben uns täglich gesehen, miteinander gespielt. Genau genommen: Miteinander die Welt erobert. Dann trennten sich unsere Schulwege und damit auch einiges an möglichen gemeinsamen Zeiträumen. Als sie zwei Jahre später wieder den gleichen Bus zur Realschule nahm konnten wir uns tatsächlich für einige Jahre wieder annähern. Aber – was sich vielleicht schon vorher abgezeichnet hatte: es war eine Zweckgemeinschaft, die ausschließlich darauf basierte, dass es zufällig Gemeinsamkeiten im Tagesablauf gab. Ich habe mich ab dem Zeitpunkt abgenabelt, als sie neidisch auf einen Freund in der Teenagerzeit reagierte, mir vorgeworfen hat, dass ich einen Partner hatte. Fies versteckt hinter dem Vorwurf, mich jetzt für etwas Besseres zu halten, keine Zeit mehr für sie zu haben. Wir sehen uns hin und wieder – haben uns aber nicht wirklich etwas zu sagen.

Schon im Kindergarten, später zu Schulzeiten sammelt man viele Freunde. Sobald man Schreiben kann verteilt man Poesiealben (manchmal müssen im Kindergarten auch schon die Mamas reinschreiben?). Wenn ich heute in meinen Büchlein blättere kann ich mich tatsächlich an die meisten Namen mit Gesicht erinnern. Häufig stelle ich mir aber die Frage: hatten wir wirklich so eine enge Beziehung, wie das im Spruch ausgedrückt wird?

  • In allen 4 Ecken soll Liebe drinstecken (…?)
  • Rosen, Tulpen, Nelken, alle drei verwelken. Stahl und Eisen bricht, aber unsere Freundschaft nicht (…?)
  • Der beste Weg, Freunde zu gewinnen, ist selbst ein guter Freund zu sein (stimmt, ich vermute nur, ders geschrieben hat, ist längst aus meinem Leben verschwunden)
  • Freundschaft ist nicht nur ein wunderbares Geschenk, sondern auch eine dauernde Aufgabe (wie wahr!)

Ich besitze für fast jede Klasse ein Freunde-Buch, Poesie-Alben oder später auch die bereits vorgeschriebenen Ausgaben, in denen du neben einem Spruch auch sämtliche Angaben zu Alter, Größe, Gewicht, Lieblingsessen und Lieblings-Fernsehen machen musstest. Die gute alte offline-Version des heutigen Überblicks auf Sozialen Netzwerken 🙂 Faszinierend, was da für ein Aufwand dahintersteckte? Und wie wenige Eintragungen in meinem heutigen Leben noch eine Rolle spielen. Ich bin darüber nicht wirklich traurig, denn mir sind aus Kindergarten- und Schulzeiten einige wenige, dafür aber wirklich gute und enge Freundschaften geblieben.

Mit dem Ende meiner schulischen Laufbahn und dem Beginn des Studiums entdeckte ich, dass es Freundschaften gibt, die man selbst weiter pflegen möchte, andere werden von einem Freund gehalten. Es kommen neue Freunde hinzu, erst mal wieder viele, doch die natürliche Selektion sorgt dafür, dass wenige gute Freundschaften halten. Es gab Zeiten, vor allem im Studium, als wir so unendlich viel Freizeit hatten, ich habe so viele Menschen in meiner Umgebung gesammelt, jeden gut gekannt, kam mit jedem klar – weil ich auch die Muse hatte, mich auf jeden einzustellen, mit jedem lang und ausgiebig zu reden …

Seit knapp 10 Jahren sammle ich keine Freundschaften mehr, sondern gehe sie sehr bewusst und intensiv ein. Ich pflege meine alten Freundschaften mit Genuss, finde es herrlich, wieviel Menschen, die einen lange begleiten, bereits wissen. Ich mich nicht erst neu vorstellen muss. Ich schätze an „alten“ Freunden, dass sie mich, meine Konstanten und Veränderungen, meine Umgebung kennen – und an meiner Seite bleiben. Ich lasse sicherlich auch neue Menschen Freunde werden, allerdings bin ich nicht auf der Suche.

Würde ich heute noch mal ein Freundebuch ausgeben? Also für den Fall, dass es kein Facebook und Co gäbe? Wär ich nochmal in der Grundschule: auf alle Fälle. denn es hat aus heutiger Perspektive Nostalgie-Wert. Aus der Sicht der heute  Erwachsenen: nein. Ich führe so unendlich viele Adressbücher, pflege meine Kontakte über Datenbanken, online und offline. Nein. Die guten Freunde müssen keine Verse in ein Album schreiben, lieber erleben wir gemeinsame Zeit.

Meine alte Freundin, die Diskokugel

An diesem Wochenende hat meine alte Kindergartenfreundin ihren Geburtstag gemeinsam mit ihrem Mann gefeiert. Die beiden sind beinahe gleich alt, knapp 20 Tage Unterschied. Im Telefonat eine Woche vorher hatte sie schon prophezeit: es wird bestimmt spiegelglatt oder total verschneit. So wars dann auch, was die Anreise – sagen wir mal – zumindest erschwert hat. Also auch meine, ich hab auch kurzzeitig mit dem Gedanken gespielt, abzusagen. Weil so im bayerischen Hinterland, mit den kleinen Straßen, Hügeln, überall Verwehungen … Mit 20 konnte uns das Wetter nicht davon abhalten, überall dahin zu kommen, wo wir hinwollten. Hm, selbst ich werde älter , … egal, ich hab mich trotzdem auf den Weg gemacht, es war stellenweise ganz schön glatt, aber ich bin heil angekommen.

Die Party fand ganz gediegenen, wunderschön dekorierten Raum statt. Nach draußen sanftes Licht, große Fenster, alles also gut einsehbar, sehl hell und einladend. Die beiden Geburtstagskinder standen zur Begrüßung in einem Meer von Sektkelchen, haben wirklich jeden Gast persönlich begrüßt. Im Raum dann 3 lange Tischreihen, sauber aneinandergereiht. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich mich innerlich schon auf einen langen, langweiligen Abend eingestellt habe, denn die anderen Gäste, die bereits brav Platz genommen hatten, und die Raumaufteilung hat eben schon eine gewisse, nennen wir es mal so, konservative Signalwirkung.

Zum Glück hab ich sie dann entdeckt: mitten im Raum, genau über der mittleren Tischreihe, funkelte und glänzte meine alte Freundin, die Diskokugel. Ich musste also nur das Essen und die anschließenden Stunden überstehen, bis das gesetztere Publikum sich verabschiedet hat – und dann wars wieder meine Welt: an der Bar, mit guter Musik, mit richtig netten Menschen, mit toller Stimmung.

Und am Ende bin ich wieder mal viel zu spät nach Hause gekommen (geschlittert, denn es war in den Morgenstunden dann tatsächlich spiegel-spiegel-glatt), nach einem Abend voll ganz außergewöhnlich schöner Überraschungen: ein tolles Gespäch mit einem seelenverwandten Musiker, eine wunderbare Wiederbegegnung mit der Cousine meiner Kindergartenfreundin, die eigentlich auf Mallorca lebt, aber gerade zu Besuch war, und das Kennenlernen des neuen Lebenspartners einer alten Bekannten, die sich für die Liebe und damit gegen Zuhause entschieden hat. Und jetzt in Tirol glücklich ist! Und dazwischen waren einfach so viele funkelnde, glänzende Augenblicke, so viele Momentaufnahmen, so viel Lachen, so viel Genuss, so viel Spaß. Ich freu mich immer noch, dass ich nicht abgesagt habe und dass ich mitgefeiert habe, denn vor allem die Stunden nach Mitternacht haben wir alle (auch und vor allem meine Kindergartenfreundin samt Ehemann) mit unserer gemeinsamen alten Freundin, der Diskokugel, einfach nur abgefeiert, wie in alten Zeiten! Bis zum nächsten Mal 🙂