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Glückspilz-Momente (2)

 Als die beste Freundin vor Wochen meinte, sie könne sich an meinem Geburtstag freinehmen und Zeit mit mir verbringen, hab ich mit Freude ja gesagt. Weil oft haben wir das ja nicht, also mal mehr als ein paar Stunden am Stück. Unser ursprünglicher Plan klappte nicht, wir haben eine andere Idee realisiert: eine Auszeit an einem Kraftort im Chiemgau, auf der Fraueninsel im Chiemsee. Im Kopf hatten wir in den ersten Apriltagen natürlich – wie vor einigen Jahren auch wunderbar erlebt – mit Frühlingssonne satt gerechnet, Blick auf den spiegelnden See vor der Bergkette und strahlend blauem Himmel. Hmnaja, nicht so ganz. Die Wettervorhersage meinte Regen, den hatten wir nicht. Dafür bedeckten Himmel, aber was solls. Bei der kurzen Schifferlfahrt von Gstaad zur Fraueninsel lerne ich von den Profis, „die können An- und Ablegen“, und wie. Wir laufen über den  Steg brav auf der Mittelspur an Land, merklich wenig los. Nur ein paar Meter und wir haben unser Quartier erreicht, auf der Website steht zu lesen: „Seit über 600 Jahren lädt das altehrwürdige Inselhotel zur Linde mit seinem Charme und seiner schlichten Eleganz zur Einkehr. Vom höchsten Punkt der Fraueninsel grüßt diese Oase der gepflegten Gastlichkeit, als eines der ältesten Wirtshäuser Bayerns.“ Am Eingang eine kurze Irritation: „Heute geschlossen“. Neeeeeiiiiin. Wir gehen trotzdem rein, denn wir haben doch reserviert. Und werden herzlich begrüßt. „Sind Sie meine Gäste?“ Ja, also ja. Wir erfahren, dass ein hinterlistiger Virus das System lahmgelegt hat, aber: „ich hab Ihnen im Zimmer schön eingeheizt. Das Restaurant öffnet Sytembedingt leider nicht, aber ich könnte Ihnen eine Brotzeit richten. Oder Sie essen beim Klosterbräu? Und für nachher heiz ich Ihnen den Kachelofen ein …?“ Echt jetzt? Himmel. Wir sind im Himmel. Unser Zimmer mit Himmelbett. Klar.  Die nächsten Stunden erleben wir Herrenchiemsee menschenleer, kaum andere Lebewesen, nur Vögel. Ruhe, Stille, Zeit, Gespräche – ohne Ablenkung, ohne Ausweichen. Vollkommen für uns. Auch die Fraueninsel lässt uns auf einer abendlichen Runde zur Ruhe kommen, kein Wunder, dass Menschen seit Jahrhunderten hierher pilgern. Im Klosterbräu verwöhnt uns das aufmerksame Team mit köstlichem Saibling, frischem Meerrettich und Preiselbeeren, vor allem frischen Kräutern mit etwas Butter auf König-Ludwig-Brot. Die Herren am Stammtisch haben neben den Fußballexpertengesprächen immer wieder verstohlen zu uns heulenden Mädels geschielt, lag wirklich daran, dass der Kren seeeeeehr frisch war … Pappsatt spazieren wir in unser hellerleuchtetes Zuhause für die Nacht. Das wir fürs uns ganz allein haben, uns erwartet der wunderbare grüne Kachelofen, ein Flascherl Wein und etwas Käse zum Schnabulieren. Und ein Brieflein, das uns einen gemütlichen, entspannten Abend wünscht. 

  Nicht nur, dass wir genau den verbracht haben, wir sind schon zwei riesengroße Glückspilze: den schönsten Platz im Hotel, nur für uns. Das war ein Geschenk, kostbar, mit keinem Geld der Welt zu bezahlen. Wir sind überglücklich und mit einem kleinen Schwipps, vom Wein und vom endlich mal ganz auf uns fokussierten Gedankenaustausch ohne Ablenkungen ins Bett. Und da fühlt man sich im Himmelbett doch etwas wie eine kleine Prinzessin? Noch mehr am nächsten Morgen, als im Wintergarten – nur für uns – Frühstück, das jeden, wirklich jeden Wunsch erfüllt, aufgebaut ist. Wir haben ein komplettes Küchenteam, nur für uns. Muss mal geschrieben werden: das ist nicht selbstverständlich. Schließlich waren wir die einzigen Gäste. Und das System lief auch am zweiten Tag Virus-bedingt nicht. Trotzdem haben wir uns jede Minute königlich gefühlt. Und wenn man dann noch ein Gespräch aufschnappt, in dem man als liebe, zufriedene Gäste erkannt wurde …. Herz, was willst du mehr? Und weil es gesagt werden muss: Vielen lieben Dank an alle, die unsere Zeit so sehr bereichert haben. Das war wirklich ein sehr besonderes Geschenk, und so unverhofft …

  Achso, alles richtig gemacht, Freitag regnete es, war zwar noch weniger los, aber es hat doch deutlich mehr Spaß gemacht, trocken über die menschenleeren Chiemseeinseln zu spazieren. In der Klosterkirche konnten wir Freitag Vormittag ganz allein Kerzerl für unsere Lieben entzünden und nochmal eine tiefe Ruhe in uns aufnehmen. Und als kleines Geburtstagsgeschenk hab ich mir aus dem Klosterladen „Die Gärtnerin von Versailles“ mitgenommen, passt sooo gut. Und die beste Freundin und ich müssen „bald mal“ einen DVD-Abend planen. Und in Rosenheim bekamen wir sogar noch Schuhe … Hach!
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Ein Beitrag zu den Glückspilz-Momenten im April 2016. Danke an die Initiatorinnen Petra, Maire und Mel für den schönen Impuls, das in dieser so treffenden Rubrik festhalten zu dürfen.

Wehwechen oder: Elegant anlegen …

… geht anders: da sitz ich bei wunderbarem Abendlicht entspannt vorne auf dem Boot, das Tau in der linken Hand, bereit zum Sprung. Ein netter Holländer bietet an Land seine Hilfe an. Unser Kapitän entscheidet um, er dreht noch mal, fährt einmal ums Inselchen auf die andere Seite. Ich bleibe gelassen sitzen. Wir sind fast da, ich springe … Zu früh! Hab die Bewegung des Schiffs unterschätzt, komme zwar knapp an Land, krache aber unsanft auf den Boden. Mein letzter Gedanke: scheiße! Dann knallt der Kopf auf den Boden – und gleich wieder hoch. Aua.
Ich spüre erst mal nichts, aber ich denke noch. Also leb ich, gut. Versuche, mich langsam aufzusetzen. Scheint zu klappen. Alles noch dran. Da werde ich von Bord angeschrien, los, Aufstehen, Seil festmachen, auf geht’s … Hab ich natürlich gemacht. Dann erst wieder meine Umgebung wahrgenommen, ziemlich verschwommen alles so. Hauptsache, das Schiff legt jetzt mal an. Etwas kompliziert so ein Hinfaller? Hm, genau.
Am Fenster steht plötzlich meine Nichte, wir sind beide vollkommen irritiert. Sie sollte eigentlich längst schlafen, kein Wunder, dass sie bei dem Gebrüll neugierig schaut, was los ist. Zum Glück steh ich zwischenzeitlich stabil – und so rein vom Körpergefühl her ist nichts gebrochen. „Nur“ geprellt also. Herzlichen Glückwunsch! Das eigene Körpergewicht plus die Geschwindigkeit vom Schiff, ich mal mir meine nächsten Tage in schillernden Blautönen aus. Als das Schiff stabil liegt lässt mein Schockzustand langsam nach, erst komm ich noch überall hin, bin beweglich, alles gut. Dann schwillt das Knie an, der Kopf beginnt zu dröhnen, im Nackenbereich erste Spannungsgefühle. Homöopathische und schulmedizinische Behandlung, eine erste unruhige Nacht mit Kühlpacks auf dem Knie. Immerhin ist die Schwellung morgens fast weg, das Knie ist rechts ordentlich aufgeschürft, obwohl die Hose ganzgeblieben ist, komisch?
Jetzt folgen Tage, an denen ich mich mittags hinlegen muss, die Nächte sind unruhig. Langsam wird’s, aber echt zu blöd. Und schlicht vollkommen überflüssig. Ich hab mich verschätzt, sollte man auf einem Boot besser niemals. Hätte dümmer laufen können, beim Anlegen zwischen Boot und Ufer ins Wasser zu fallen … Ja genau. Insofern Glück im Unglück, das Knie werd ich wohl noch mal einem Mediziner zeigen, da wandert ein Bluerguss. Und ansonsten ruh ich mich wieder zu Hause noch etwas aus, so eine Prellung ist einfach verdammt schmerzhaft. Und nicht zum Nachmachen geeignet, falls jetzt jemand auf dumme Ideen kommen sollte. Und Punkt.