Baustellengedanken


Samstag Nachmittag hatten wir einen anderen Bauherren als Besucher auf der Baustelle, der auch gerade einen „alten Kasten“ renoviert, gestern Abend kam eine Nachbarin auf einen Ratsch und ein paar Fragen vorbei, die überlegt, am eigenen, noch mal mindestens 50 Jahre älteren, Haus notwendige Renovierungen durchzuführen. Und seitdem mach ich mir so meine Gedanken, warum es manchen Menschen ein Anliegen ist, ein Haus zu pflegen, zu sanieren, zu erhalten. Und anderen fällt es gar nicht schwer, verfallen zu lassen und wegzureißen. In meinem Kopf hab ich dabei immer als Gegensätze eine Jugendstilvilla und ein Bauernhaus in meinem Heimatort. Die Villa steht in einer Reihe alter Bürgerhäuser, die wahrscheinlich alle so um 1900 gebaut wurden. Dazwischen stehen bereits „moderne“ Häuser, dennoch haben sich die Besitzer der Eckvilla in den 90er Jahren entschieden, die Fassade originalgetreu zu renovieren, die Fenster allein sind eine Meisterleistung, die Haustüre könnte ich stundenlang betrachten, das Dach ist einfach wunderschön. Ich schaue das Haus jedes Mal mit großer Bewunderung an, freue mich daran. Herrlich. Dann gibt’s seit ich Denken kann das vor sich hin verfallende Bauernhaus. Mit einem wunderschönen schmiedeeisernen Balkon, einem noch original Lastenaufzug zum Speicher, einer typisch geschnitzten Verzierung der Untersicht. Aber die letzten 10 Jahre war auch zu sehen, dass im Haus alles zerfällt. Hab mir immer wieder vorgenommen, zu fragen, ob ich den tollen Balkon abkaufen kann … Zu spät, in nicht mal einer Woche wurde das gesamte Anwesen jetzt abgerissen und auf die Müllkippe gefahren. Genau darüber hab ich mich mit den Besuchern unterhalten, über das Erhalten und Neugestalten von alter Bausubstanz. „Bauen für die Ewigkeit“ hieß es früher mal, vielleicht nicht gar so lange. Aber in Häusern stecken so viel Rohstoffe, so viele Arbeitsstumden, also etwas mehr als 100 Jahre sollten sie schon stehen dürfen. Oder?

15 Kommentare zu „Baustellengedanken“

  1. Das sind gute und interessante Fragen, die ich mir manchmal auch Stelle.
    Unser „Kasten“ ist 1724 erstmals erwähnt worden und steht so nah an der Elbe, dass er regelmäßig unter Wasser steht (zuletzt 2002 und 2013).
    Ich habe manchmal das Gefühl, wir machen alles nur für das nächste Hochwasser schön und dann fangen wir wieder von vorne an.

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      1. Ganz schön schön bei dir, gefällt mir sehr gut! Nutzt ihr das Dachgeschoss mit? Die Fenster finde ich wunderschön, und das ist ein Walmdach, oder? Ja, Chef kann mir vorstellen, dass es große Kraft kostet, das schon 2 mal nach Hochwasser alles weder neu anzupacken. Aber – aus meiner Sicht – ein wunderbarer Ort, den ihr da habt. Einen lieben Gruß aus Bayern von Doris

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      2. Leider ist der Dachboden nur zum Abstellen geeignet. Er ist nicht ausgebaut und hat nur das eine Fenster nach vorne raus.
        Leider können wir auch nicht viel verändern, da das Teil unter Denkmalschutz steht.

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      3. Ja, mit Denkmalschutz ist nicht zu spaßen – unserer ist auch ungenutzt (und riesengroß), aber zumindest jetzt wieder dicht, das ist schon mal ein großer Fortschritt. Und leider wird er auch schon wieder zum „mal eben abstellen“ genutzt, nachdem wir monatelang entrümpelt haben …

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  2. Ein Neubau, oft nur für eine Lebensdauer von ca. 80 Jahren ausgelegt, bringt mehr Gewinn. Ästhetische Gestaltung kann als Wert in einer schnellebigen Zeit nicht genügend abgeschöpft werden. Naja, bei der hohen Verschuldung werden Investoren manchmal geradezu die Füße geküsst.

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    1. Aber denken Privatpersonen echt so? Weil abschreiben kann ich das ja nur bei gewerblicher Nutzung? Oder? na ja, für mich hat sich die Frage ab dem Moment nicht mehr gestellt, als uns eine gute Baustubstand beschieden wurde – immerhin hat mein Urgroßvater das Haus selbst gebaut, das kann ich nicht grundlos wegreißen lassen. Liebe Grüße

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    1. Im Moment renoviert und baut ja jeder, weil es „so günstig“ ist – trotzdem: einige Dinge muss man selber machen, weil ein Handwerker es nicht machen würde (ich sag nur: Böden und Türen abschleifen und neu einlassen, da haben mich alle ausgelacht, hätte keiner für uns gemacht, die wollen lieber was Neues verkaufen …)

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  3. Ich bin ein Fan des sogenannten „Entkernens“ – alte Fassade stehen lassen, innen mit modernsten Mitteln ausbauen. Nun habe ich schon ein paar Mal gehört, dass dieses wenigstens teilweise Erhalten alter Bausubstanz weitaus kostenintensiver sein soll als ein Neubau.
    Liebe Grüße!

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    1. Wir haben nur Putz runtergehauen und nicht wirklich entkernt, insofern kann ich dazu nichts sagen. Generell haben wir beim Kostenvergleich schnell festgestellt, dass man nicht 1:1 vergleichen kann, ein Neubau mag günstiger erscheinen, aber da spart man dann eben am Umfang (in unserem Falle großes altes Bauernhaus sanieren vs. kleines modernes Häuschen neu bauen). Und für uns gings ja auch immer darum, den Eltern ihr gewohntes Umfeld zu erhalten – das war schnell klar. Eigenleistung sollte man nicht unterschätzen, da geht schlicht unwahrscheinlich viel Lebenszeit drauf, die man nicht in Kosten umrechnen kann …

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