Es ist Samstag, der eine Tag der Woche, an dem ich mir einen besonderen Luxus gönne, morgens eine Zeitung zu lesen. Die gedruckte Version, von vorne bis hinten. Heute mit einer Erinnerung, gerade mal ein Jahrhundert her: Im Sommer 1914 löste ein Attentat endlich aus, was von so vielen Menschen offenbar leidenschaftlich herbeigesehnt war. Ein Mann ermordete das österreichische Thronfolgerpaar, in den folgenden Wochen zog Europa in den Krieg. Ab August 1914 hat sich die alte Welt verändert, es folgten 4 Jahre Krieg und Niedergang. 70 Millionen Menschen haben am Krieg teilgenommen, viele sind siegessicher auszogen, 17 Millionen sind gestorben… Und es war nur der erste Weltkrieg des letzten Jahrhunderts, nach Meinung von Experten der Wegbereiter für das, was in den 30er Jahren folgte. Trotzdem aus meiner Sicht unfassbar. Wenn ich lese wie gewollt das alles war, wie fast schon lapidar und mit einem Gefühl von endlich geht es los dieser Krieg begonnen wurde, ein Kaiser sagte ja – und ging dann erst mal in die Sommerfrische … Immer wieder sehe ich Bilder von Menschen, die mit Blumen geschmückt „mal eben“ zur Waffe greifen. Optimistisch, nur „mal eben“ etwas in den Krieg ziehen, wir sind gleich wieder da, weil haushoch überlegen …
http://www.sueddeutsche.de/thema/Erster_Weltkrieg
Es lässt mich schaudern. Und ich frage mich, wie die Zeit war. Wie ich darüber gedacht hätte, hätte ich damals mittendrin und nicht heute mit Blick zurück gelebt …? Eines weiß ich: ich verspüre auch heute Angst. Das Geschehen in der Ukraine bereitet mir Kummer. Ich bin nicht einverstanden, dass in einem Land Mädchen einfach verschwinden. Als ob es sie nie gegeben hätte. Ich bin gegen Krieg, gegen Gewalt. Kein Mensch ist besser als ein anderer, keiner sollte einem anderen Schrecken, Schmerzen oder Gewalt antun dürfen. Und das kann man nicht oft genug betonen. Finde ich. Und Punkt.
Mein Großvater ist mit 18 in den ersten Weltkrieg eingezogen worden, bei der Schlacht von Verdun angeschossen und in englische Gefangenschaft geraten. Im 2. Weltkrieg wurde er in den Osten geschickt, später russische Gefangenschaft. Mein Vater ist mit 15 zur Luftabwehr nach Berlin als Flakhelfer eingezogen worden, in russischer Gefangenschaft 17 geworden, fast verhungert. 1933 haben etwa 1.000 SA-Schergen unser ganzes Dorf umstellt und alle Sozialisten und Kommunisten aus den Häusern getrieben, geschlagen und gefoltert. Wenn Du dich für unsere jüngere Geschichte interessierst, lies gerne auch dazu dieses Interview von 1982 mit meinem Großvater zu den Ereignissen von 1933.. Geschichte aus Deutschland und aus 1. Hand: http://politropolis.files.wordpress.com/2013/08/beilstein-schlacht.pdf
Und das ist meine Meinung zum Thema Krieg: Eine „geistige Erneuerung“ im „offiziellen“ Deutschland fand nicht statt! http://wp.me/p2mHZ8-Mi
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Auch in meiner Familie gibt es diese persönlichen Erinnerungen, und ich wage fast zu behaupten, dass diese persönlichen Erinnerungen weltweit zu finden sind. Auf das Interview mit deinem Großvater bin ich sehr gespannt, viele Grüße
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Auf Twitter gibt es einen Account für dieses Jahr welcher „heute vor 100 Jahren“-Meldungen zu diesem Thema schreibt.
Sehr interessant und mehr Info als ich je in der Schule erfahren habe.
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Danke für den Hinweis und meinst du 1914Tweets? Weil bei den Vor100Jahren oder Heutevor100Jahren passiert nicht viel? Liebe Grüße
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Hätte ich ja gleich dazu schreiben können: ja, das ist @1914Tweets
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