Erinnerungen aus Schulzeiten, die sich in mein Gedächtnis eingebrannt haben? Da hat Frau Hilde ein Thema aufgeworfen …
In meinem Fall ist meine eindrücklichste Erinnerung alles andere als lustig, dafür besonders und prägend. Es war eine Serie, denn „es“ war 3x. In der 3. Klasse ist ein Schulfreund an Leukämie gestorben. Sebastian war schon vor seiner Krankheit Außenseiter, er war nicht so flink, fiel nicht auf, außer dadurch, dass er wenig gesagt hat. Und vieles nicht konnte. Im Kindergarten und in den ersten beiden Klassen wirkte er wie ein Problemfall, auf Lehrer und Mitschüler. Alle anderen konnten, haben sich schnell weiterentwickelt. Er nicht. Und hat so oft unsicher gelächelt, weil er vieles zwar versucht hat, aber es eben trotzem nicht konnte. Irgendwann konnte er nicht mehr zum Unterricht kommen. Bei der Beerdigung ein Haufen verunsicherter Kinder, Mitschüler, alle mehr oder weniger mit schlechten Gewissen. Denn so der ein oder andere war definitiv niemals nett zu ihm gewesen. Wie viele haben sich auf seine Kosten gut dastehen lassen. Kinder können grausam sein – aber auch ihr schlechtes Gewissen ist aus tiefster Seele ehrlich.
Kurz darauf ist meine Lehrerin gestorben, ebenfalls an Krebs. Sie war eine Nonne, eine arme Schulschwester, noch keine 40 Jahre alt. Sie hat uns nie gesagt, dass sie todkrank war. Ich erinnere mich heute tatsächlich nicht an ihren Namen, aber an ihre Fleißbildchen (gab es als Anerkennung,wenn man etwas gut gemacht hat), an ihre Geduld, an ihr aufrichtiges, mildes Lächeln. An ihre Nachsicht, wenn jemand ein Wort nicht richtig aussprechen konnte. Oder ihr Schmunzeln, wenn jemand falsche Schlüsse in Heimat- und Sachkunde gezogen hatte. Die Nachricht von ihrem Tod hat mich sehr unerwartet getroffen, meine Erinnerung an die Beerdigung ist grauenvoll: ich war total unpassend gekleidet. Und hatte das Gefühl, dass jeder mich deshalb abschätzend gemustert hat. Schrecklich unangenehm.
Dann bin ich aufs Gymnasium gewechselt, fuhr im Bus in die nicht weit entfernte Kleinstadt. Eines Morgens stand meine Freundin an der Bushaltestelle, eigentlich nahm sie immer einen Bus später. Mit einem gehetzten „Ich muss dir was erzählen“ ließ sie sich auf den Platz neben mir fallen. Am Vortag hatte unsere ehemalige Klasse einen Ausflug unternommen. Auf dem Rückweg waren sie spät dran, deshalb hatte der Busfahrer die Kinder an den einzelnen Haltestellen abgesetzt. Eine Mitschülerin, Monika, war um den Bus herumgelaufen und hatte ein Auto übersehen. Sie kam bei dem Unfall ums Leben … Die Bilder dieser Beerdigung, viel zu viel, Trauer, Menschen, Emotionen, Fragen nach dem Warum – auf einem viel zu kleinen Friedhof.
Es ist tatsächlich so: diese 3 Todesfälle haben meine Schulzeit sehr geprägt. Auch wenn es meinen Eltern bestimmt oft nicht gepasst hat, dass ich mich beim Lernen nicht sooo reingestresst habe und auch mal eine schlechte Note dabei war. Mir hat „es“ bewusst gemacht, dass gute Zensuren nicht das wichtigste im Leben sind. Und dass auch mein Leben nicht unendlich sein wird.
Ach, du Liebe, das sind sehr traurige Erinnerungen…
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Ja, traurig, aber auch wertvoll. Liebe Grüße
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Ach du je…
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Ja, leider nicht so schön und lustig, wie andere Erlebnisse … Liebe Grüße
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Das sind natürlich keine schöne Erinnerungen, die du da hast Doris,
aber auch sie gehören dazu und deine Erkenntnisse zum Ende des Blogs, zeigen eindeutig, es prägt !!!
Einen lieben Gruß
Uschi
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Einen lieben Gruß an dich zurück
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Es hat mich definitiv geprägt, auch dahingehend, mich nicht so wichtig zu nehmen. Gelingt nicht immer, klar, aber hilft manchmal. Liebe Grüße an dich
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Liebe Doris,
da hast Du ja in der Schule schon mitbekommen, dass das Leben nicht nur schöne Seiten hat. Ich kann verstehen, dass diese Erlebnisse Dein Leben geprägt und beeinflusst haben.
Liebe Grüße
Harald
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Lieber Harald, ja, mir war früh bewusst, dass wir dazu tendieren, den sichersten Aspekt unseres Daseins wegzuschieben, dass es nämlich endlich ist, dieses unser Leben. Liebe Grüße
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Der Tod macht vor keinem Alter halt, auch nicht vor der Schulzeit. Doch so etwas so früh zu erleben, ist schon hammerhart.
LG Anna-Lena
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Stimmt, habe gestern abend auf der Heimfahrt die fantastische Radiosendung Mensch Otto gehört, Gast war eine Sterbegebleiterin, sie sagte: das Sicherste am Leben ist der Tod. Trotzdem versuchen wir immer, ihn zu vergessen oder verdrängen – egal in welchem Alter. Liebe Grüße von Doris
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Was ähnliches hat auch der Pfarrer bei der Trauerfeier meiner Oma erwähnt: Das Leben ist tödlich. Das habe ich mitgenommen… Liebste Grüße!
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… kein schöner Gedanke, aber ein guter Spruch. Liebe Grüße
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