Die Philosophie des UPS-Mannes


Gerade ist Weihnachtsgeschäft. DER Umsatz des Jahres, in den Innenstädten und in Einkaufscentern ist die Hölle los, laut aktuellen Medienberichten haben Online-Versandhäuser ihr Personal rund verdoppelt, um mit dem Ansturm fertig zu werden. Und irgendwie scheint mir grade jeder genervt, von der Verkäuferin an der Supermarktkasse über die Bäckereifachverkäuferin, alle sind gestresst. Weil so viel los ist? Dabei entfällt also in der Zeit des Jahres, in der Kunden viel Geld ausgeben, für Umsatz sorgen und damit den Arbeitsplatz der Beschäftigten langfristig zu sichern versuchen das kleine bisschen Höflichkeit, der nette Umgang mit den Mitmenschen. Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, vor allem Geduld? Fehlanzeige!?

Ich erlebe seit einigen Wochen genau das Gegenteil, einen Menschen, der ganzheitlich Dienstleistungscharakter durch und durch verkörpert. Der immer Zeit zum Plaudern hat. Der jeden Tag vorbeikommt, das ist sein Job, dabei immer nett, höflich, interessiert und aufgeschlossen ist. Er ist Amerikaner und arbeitet sein Leben lang für UPS. Seine Aufgabe ist es, Pakete zuzustellen. Er weiß nicht, was in den Paketen drin ist – aber er wird immer danach gefragt. Was würde wohl passieren, wenn er das wüsste …? Von vielen Menschen wird er richtig schlecht behandelt, sie schätzen ihn als gering oder klein ein. Er sei ja „nur ein Paketzusteller“. Das bekommt er durch abfällige Reaktionen immer wieder zu spüren. Und er ist darüber nicht verbittert, im Gegenteil: er spricht darüber, über seine Motivation. Sagt, wie wichtig gute Laune ist. Seine eigene. Und er grinst dabei, denn „wenn die Leute wüssten, wie gut ich verdiene, würden sich viele darüber ärgern und hätten gerne meinen Job!“

Heute hat er uns im Büro erzählt, wie eilig es gerade in der Weihnachtszeit alle hätten. Er hätte gerade auf einem Parkplatz bremsen müssen, weil eine ältere Dame ihren Einkaufskorb fallen lassen hat. Er sei ausgestiegen und habe ihr beim Aufsammeln und Einräumen geholfen. Trotz des wütenden Gehupes mehrerer Autofahrer, einer sei sogar ausgestiegen und habe ihm gedroht. „Weihnachten ist bald genug, was haben es nur alle so mit der Eile hier in Deutschland? Wollen die, dass die Zeit noch schneller vergeht, als sie es eh schon tut? Vor Weihnachten sollten alle mal einen Gang zurückschalten, ruhiger werden, die Dinge langsamer angehen – meine ich!“ Die Philisophie eines UPS-Mannes, der viel sieht, viel hört, vieles beobachtet. Und nicht nur die Weihnachtspakete zustellt …

10 Kommentare zu „Die Philosophie des UPS-Mannes“

  1. Ja, das kenne ich auch. Alle wollen schnell wieder in ihr heimisches Refugium, fort von der gräßlichen Welt da draußen. Leider vergißt man dabei ebenso schnell, dass man gerade eben einen enormen Beitrag zur Gräßlichkeit dieser Welt geleistet hat. Schade! Lächeln ist doch so einfach und die nächste Ampel ist ohnehin wieder rot.
    Und welch Unverschämtheit andere an Hilfeleistungen zu hindern.

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  2. Ich frage mich immer weshalb vor Fest-/Feiertagen alle fast durchdrehen. Man könnte meinen, dass es ma nächsten Tag nichts mehr zu kaufen gibt. Die, die sich über „NIEDERE“ Berufe beschweren sollte mal daran denken, wie sie zu ihren Bestellungen kommen, wenn es keinen UPS und sonstige Zusteller gäbe.

    Ich bin der Meinung, dass jeder in seinem Beruf wichtig ist. Viele schätzen z.B. Müllfahrer als geringwertig ein. Ihren Müll einsammeln und selbst wegfahren will ab niemand von den Nörglern.

    Es gibt aber auch bei den Dienstleistern unfreundliche Menschen. Gestern Abend in der Straßenbahn hat eine Frau den Fahrer was gefragt und er hat sie einfach stehen lassen. Draußen wollten Leute einsteigen. Die wurden von ihm ignoriert. Die Staßenbahn machte einen Gleiswechsel aber das wusste niemand. Ein freundliches Wort und jeder hätte die Situation verstanden.

    Ein Lächeln ist die kürzeste Entfernung zwischen zwei Menschen. Es müsste viel mehr gelächelt werden.

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