Themenwoche Sterben


Gerade lese ich auf Spiegel Online einen Brief an die ARD zur aktuellen Themenwoche „Tod und Sterben“ – und merke einmal mehr: so unterschiedlich ist das Empfinden von Menschen. Jeder von uns kommt mit seiner spezifischen Befindlichkeit, fühlt sich von Themen abgeholt oder überrumpelt, mag das Thema oder eben nicht, kann seine eigenen Gedanken dadurch ordnen oder kommt erst ins Nachdenken oder oder oder. Ganz je nachdem, wie und wo man gerade steht.

Tatsächlich habe ich kaum Werbung mitbekommen, bin nicht von einem Aktions-Plakat darauf hingewiesen worden, dass Sterben zum Leben gehört, es jederzeit vorbei sein kann – denn das trifft auf mich wie auf jeden anderen Menschen in meinem Umfeld zu. Schwer zu akzeptieren vor allem bei all denen, die mir wichtig sind.

Mir persönlich hat ein Beitrag in dieser Woche wieder sehr stark die Rolle der „Gesellschaft“ vor Augen geführt. Tod wird in unserer Gesellschaft gerne aus dem Leben ausgeschlossen. Am liebsten würden wir gar nicht damit konfrontiert werden. Dass Menschen alt und bettlägrig werden, senil, krank, auf Hilfe angewiesen sind: am liebsten nicht zu sehr thematisieren. Passt nicht zu unserer Leistungsgesellschaft. Dass Kinder unheilbar krank sind und damit den natürlichen Kreislauf der Generationsabfolge durchbrechen geht gar nicht, Unfälle oder Krankheiten, die ein Leben fordern, machen uns wütend, traurig, sprachlos.

Neben der akuten Trauer kommen aber noch so viele andere Begleitelemente dazu: wie reagiert das Umfeld? Gibt es die Möglichkeit, eine Auszeit zu nehmen, um Abschied zu nehmen? Ist es ein schnelles, überraschendes Sterben oder ein langer Prozess, in dem ein kranker Mensch sich Stück für Stück verabschiedet? …

Es ist schon geballt, eine volle Themenwoche zu einem Tabuthema zu machen und im wahrsten Sinn des Wortes auf allen Kanälen jeden erdenklichen Blickwinkel zu beleuchten. Aber ich sehe es anders, als der Autor des oben angeführten Briefs: ich bin froh, wenn Tabuthemen angesprochen werden. Wenn Menschen daran erinnert werden, dass Sterben zum Leben gehört. Jeder wird – und ich schreibe bewusst nicht muss – schließlich sterben. Das Leben ist begrenzt, für manche auf wenige Jahre, für manche auf viele Jahre. Will ich 100 werden? Ich weiß es nicht. Aber manchmal kann es unser Leben verbessern, wenn wir uns bewusst sind, dass es sich jederzeit ändern oder enden kann. So sehe ich das zumindest – und setze auf meine To-Do-Liste: bewusst leben. Mal sehen, wann ich das erledigt bekomme …

2 Kommentare zu „Themenwoche Sterben“

  1. Ich bin ganz Deiner Meinung!
    Ich denke nur, dass man derartige „Tabuthemen“ nicht so geballt mit einer ganzen Woche hervorheben sollte. Um es danach wieder verschwinden zu lassen …
    Es wäre sicher besser, das Thema ständig in einer bewusst gewählten Häufigkeit und vor allem Qualität zu präsentieren. Ständig, denn es gehört nun mal einfach zum Leben dazu.

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    1. Ich gehe mal davon aus, die Programmverantwortlichen haben sich überlegt, wie sie in kurzer Zeit dafür sorgen können, dass keiner dem Thema entkommt. Das polarisiert, natürlich. Dennoch finde ich deinen Ansatz gut, wäre evtl. eine Empfehlung wert?

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